Rz. 815
Nach § 225a Abs. 3 InsO kann im Insolvenzplan jede gesellschaftsrechtlich zulässige Regelung getroffen werden, insbesondere auch eine Zwangseinziehung oder Zwangsabtretung der Geschäftsanteile, ein Zwangsausschluss eines oder aller Gesellschafter oder eine Kapitalherabsetzung auf Null mit sofort anschließender Kapitalerhöhung mindestens bis auf das gesetzliche Mindestkapital (Kapitalschnitt, s.u.). Evtl. Vinkulierungsregelungen in der Satzung sind unbeachtlich bzw. können durch entsprechende im Plan vorgesehene Satzungsänderungen beseitigt werden (arg. aus § 238a Abs. 1 Satz 2 InsO).
Rz. 816
Alle diese Maßnahmen haben zur Folge, dass die (Alt-)Gesellschafter aus der Gesellschaft ausscheiden. Für diese Fälle ist gesetzlich geregelt, dass die Altgesellschafter zum Zerschlagungswert (§ 225a Abs. 5 InsO) ausscheiden, also regelmäßig eine Abfindung nicht erhalten, weil im Zerschlagungsfall im Regelinsolvenzverfahren ein Liquidationsüberschuss, der nach § 199 Satz 2 InsO auszukehren wäre, nicht erzielt würde.
Rz. 817
Hier stellt sich gesellschaftsrechtlich die Frage, ob etwa Zwangseinziehung oder Zwangsabtretung im Insolvenzplan vorgesehen und verfügt werden können, wenn die Satzung bzw. der Gesellschaftsvertrag diese Maßnahmen nicht vorsieht. Ich würde das bejahen, weil andernfalls die insolvenzrechtliche gesetzliche Regelung durch "vorsorgliche" Gestaltung des Gesellschaftsvertrages ausgehebelt werden könnte.
Rz. 818
Die weitere gesellschaftsrechtliche Frage ist, ob für die Zwangseinziehung oder Zwangsabtretung ein wichtiger Grund oder zumindest ein sachlicher Grund vorliegen muss. Dies ist m.E. nicht allein eine Frage der abstrakten oder konkreten gesellschaftsrechtlichen Zulässigkeit der Maßnahme (s.o.), denn außerhalb des Insolvenzrechts ist nach ständiger Rspr. des BGH anerkannt, dass eine einfache Hinauskündigungsregelung im Gesellschaftsvertrag, die die Ausschließung eines Gesellschafters gegen seinen Willen ohne wichtigen oder zumindest sachlichen Grund ermöglichen würde, sittenwidrig und daher nach § 138 BGB nichtig ist, da sie die Gefahr begründet, dass die von der jederzeitigen Ausschließungsmöglichkeit bedrohten Gesellschafter von ihren gesellschaftsvertraglichen Rechten keinen Gebrauch machen und die ihnen obliegenden Pflichten nicht ordnungsgemäß erfüllen, sondern sich den Wünschen des Mehrheitsgesellschafters beugen. Damit würde einer nicht zu billigenden Willkürherrschaft der Gesellschaftermehrheit Vorschub geleistet. Sollte man vom Erfordernis der konkreten gesellschaftsrechtlichen Zulässigkeit ausgehen, stellt sich die Frage, ob die fehlende Beteiligungswilligkeit des betroffenen Gesellschafters als wichtiger oder sachlicher Grund für seinen Ausschluss ausreicht. Ich würde dies bejahen, da ansonsten wiederum die insolvenzrechtliche gesetzliche Regelung leerlaufen könnte. Im Umkehrschluss könnte sich aber ergeben, dass der zur Beteiligung an der Sanierung bereite Gesellschafter nicht gegen seinen Willen ausgeschlossen werden kann.