Rz. 37
Grundsätzlich gelten für die Berechnung des Beschwerdewerts die Wertvorschriften der ZPO (§ 2 ZPO). Da es bei der Rechtsmittelbeschwer entscheidend auf Umfang und Ausmaß des Unterliegens des jeweiligen Rechtsmittelklägers ankommt, findet allerdings entgegen § 5 Hs. 2 ZPO die Zusammenrechnung einer sich aus der Entscheidung über Klage und Widerklage ergebenden Beschwer statt, sofern und soweit keine wirtschaftliche Identität der damit verfolgten Streitgegenstände besteht. Bei der – sofern keine spezielleren Regelungen vorhanden sind – nach § 3 ZPO vorzunehmenden Wertbemessung ist bei wiederkehrenden Leistungen oder Nutzungen die Wertung des § 9 Abs. 1 ZPO heranzuziehen (siehe dazu auch § 26 Rdn 63). Bei einer positiven Feststellungsklage ist regelmäßig ein Abschlag in Höhe von 20 % vorzunehmen. Bei nichtvermögensrechtlichen Ansprüchen sind für die – "wertmäßige" – Bemessung der Beschwer nach freiem Ermessen (§ 3 ZPO) alle Umstände des Einzelfalls, insbesondere Umfang und Bedeutung der Sache, zu berücksichtigen.
Rz. 38
Nebenforderungen bleiben für die Ermittlung des Werts unberücksichtigt (§ 4 Abs. 1 Hs. 2 ZPO). Ansprüche auf Zinsen und Ersatz vorprozessualer Rechtsanwaltskosten erhöhen daher die Beschwer nicht, solange sie neben dem Hauptanspruch geltend gemacht werden, für dessen Verfolgung die Zinsen und Rechtsanwaltskosten angefallen sind. Sobald und soweit die Hauptforderung jedoch nicht mehr Prozessgegenstand ist, etwa weil eine auf die Hauptforderung oder auf einen Teil der Hauptforderung beschränkte Erledigung beiderseitig erklärt worden ist, wird die Nebenforderung zur Hauptforderung, weil sie sich von der sie bedingenden Forderung gelöst hat und es ohne Hauptforderung keine Nebenforderung gibt. Letzteres gilt ebenfalls, wenn der Partei die zugrunde liegende Hauptforderung in erster Instanz aberkannt worden ist und sie ihr Begehren mit der Berufung insoweit nicht weiterverfolgt oder wenn ihr die Hauptforderung in erster Instanz (teilweise) zuerkannt worden und daher nicht mehr Gegenstand der Berufung ist. Auch außergerichtliche Rechtsanwaltskosten aus einem vom Schädiger vorgerichtlich bereits auf den Schaden geleisteten (Teil-)Betrag sind als Hauptforderung bei der Ermittlung der Beschwer zu berücksichtigen. Entgangener Gewinn, der als gleichbleibender Hundertsatz einer bestimmten Summe (Zinsen) geltend gemacht wird, ist dagegen eine Nebenforderung. Wurde der Beklagte in erster Instanz verurteilt, an den Kläger ein Schmerzensgeld nebst Zinsen abzüglich geleisteter Zahlungen zu bezahlen, so ist für die Berechnung der Berufungssumme in der Regel davon auszugehen, dass die anzurechnenden Zahlungen primär von den Zinsen und nicht von der Hauptforderung in Abzug zu bringen sein sollen.
Rz. 39
Wenn der Rechtsstreit hinsichtlich eines abgrenzbaren Teils übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt wird, ist für den Wert des Beschwerdegegenstands allein der nicht erledigte Teil der Hauptsache maßgebend. Die auf den erledigten Teil der Hauptsache entfallenden Kosten bleiben als Nebenforderungen (§ 4 Abs. 1 Hs. 2 ZPO) außer Betracht. Bei einer einseitig gebliebenen Teilerledigungserklärung bestimmt sich dagegen der Wert des Beschwerdegegenstands nicht allein nach der Verurteilung hinsichtlich des restlichen Teils der Hauptsache. Denn auch bezüglich des einseitig für erledigt erklärten Teils wird weiterhin über die Hauptsache – wenn nun auch mit einer anderen Zielrichtung – gestritten. Der Umfang der Beschwer der Partei, die in diesen Fällen eine vollständige Klageabweisung erreichen will, ergibt sich daher nicht allein aus ihrer Verurteilung in der restlichen Hauptsache, sondern richtet sich zusätzlich nach den Kosten, die für den einseitig für erledigt erklärten Teil angefallen sind.
Rz. 40
Der Wert dieser Kosten ist dabei – sofern im angefochtenen Urteil über die Teilerledigung entschieden worden ist und der Rechtsmittelkläger sowohl die Entscheidung über die Hauptsache als auch über die Teilerledigung zum Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens macht – durch eine auf den Zeitpunkt der Teilerledigung bezogene Differenzrechnung zu ermitteln, die ergibt, um welchen Betrag diejenigen Kosten überschritten worden sind, die angefallen wären, wenn der Kläger den Rechtsstreit von Anfang an nur über den nicht erledigten Teil der Hauptsache geführt hätte. Wird einer von mehreren Klageanträgen durch Teilurteil abgewiesen und erklärt der Kläger mit der Berufungseinlegung insoweit die (Teil-)Erledigung, bemisst sich dessen Beschwer zwar nach seinem Kosteninteresse; dieses ist aber nicht nach der Differenzrechnung, sondern dadurch zu ermitteln, dass der Streitwert des abgewiesenen Klageantrags ins Verhältnis zum Gesamtstreitwert gesetzt und die sich nach dieser Quote auf den abgewiesenen Antrag entfallende Kostenbelastung errechnet wird.
Rz. 41
Bei einer Zug-um-Zug-Verurteilung mit gleichzeitiger (Teil-)Abweisung der uneingeschränkt erho...