Rz. 17

Für den unterlegenen Kläger ist grundsätzlich die sog. formelle Beschwer maßgebend. Danach ist der Kläger insoweit beschwert, als das angefochtene Urteil von seinen (Sach-)Anträgen abweicht.[39] Dies ist auch dann der Fall, wenn das Gericht im Wege eines Anerkenntnisurteils über einen Sachantrag befindet, den der Kläger zuletzt nicht mehr zur Entscheidung gestellt hatte.[40] Ebenso ist der Kläger, der eine abschließende Sachentscheidung des Berufungsgerichts begehrt, durch eine Zurückverweisung (§ 538 Abs. 2 ZPO) an das erstinstanzliche Gericht beschwert.[41]

 

Rz. 18

Bei der Bestimmung des Beschwerdegegenstands kann eine nach Schluss der mündlichen Verhandlung geltend gemachte Klageerweiterung nicht berücksichtigt werden, da sie nicht Gegenstand der angefochtenen Entscheidung geworden ist (§ 296a ZPO).[42]

 

Rz. 19

Hat der Kläger einen unbezifferten Antrag gestellt (siehe dazu § 26 Rdn 11), insbesondere ein angemessenes Schmerzensgeld unter Angabe einer Betragsvorstellung oder eines Mindestbetrags verlangt, und hat das Gericht ihm ein Schmerzensgeld in eben dieser Höhe zuerkannt, so ist er durch das Urteil nicht beschwert und kann es nicht mit dem alleinigen Ziel eines höheren Schmerzensgeldes anfechten;[43] auf die tatsächliche Höhe des verfolgten Anspruchs kommt es nicht an.[44] Dem kann der Kläger auch nicht dadurch entgehen, dass er schlicht keine Wertvorstellung äußert: Denn der Bezeichnung eines Mindestbetrags oder einer Größenordnung bedarf es (jedenfalls) gerade zur Bestimmung der Beschwer und zur Sicherung einer Rechtsmittelmöglichkeit. Will sich der Kläger überhaupt die Möglichkeit eines Rechtsmittels offenhalten, so muss er den Betrag nennen, den er auf jeden Fall zugesprochen haben will und bei dessen Unterschreitung er sich als nicht befriedigt ansehen würde.[45] Verlangt der Kläger jedoch mit der auf Zahlung eines Schmerzensgeldes gerichteten Klage in erster Linie eine Geldrente und nur hilfsweise einen Kapitalbetrag (§ 843 Abs. 3 BGB) und gibt das Gericht lediglich dem Hilfsantrag statt, so ist der Kläger auch dann beschwert, wenn Kapital und Rente wertmäßig als gleich zu erachten sind. Denn die Zuerkennung eines Kapitalbetrags ist für den Kläger schon deshalb nachteilig, weil ihm so – anders als bei der in erster Linie erstrebten Schmerzensgeldrente – die Möglichkeit genommen wird, bei einer späteren Veränderung der Verhältnisse eine Heraufsetzung zu verlangen (§ 323 ZPO), siehe auch § 26 Rdn 239.[46]

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