Rz. 109
Erstinstanzliche Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht (§ 50 VwGO), einem Oberverwaltungsgericht oder Verwaltungsgerichtshof (§§ 47, 48 VwGO) richten sich nach Teil 3 Abschnitt 3 Unterabschnitt 1 VV. Danach erhält der Anwalt gem. Nr. 3300 Nr. 2 VV für die erstinstanzlichen Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht/Verwaltungsgerichtshof eine 1,6-Verfahrensgebühr. Diese Gebühr ermäßigt sich bei vorzeitiger Erledigung nach Nr. 3301 VV auf 1,0.
Rz. 110
Daneben erhält der Anwalt eine Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV in Höhe von 1,2 (Vorbem. 3.3.1 VV).
Rz. 111
Hinzukommen kann auch hier eine Einigungs- oder Erledigungsgebühr (Nrn. 1000, 1002, 1003 VV).
Beispiel 52: Erstinstanzliches Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht/Verwaltungsgerichtshof
Der Anwalt vertritt den Mandanten im erstinstanzlichen Normenkontrollverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht (Wert: 10.000,00 EUR). Der Antrag wird vor mündlicher Verhandlung zurückgenommen.
1. |
1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3300 Nr. 2 VV |
|
982,40 EUR |
|
(10.000,00 EUR) |
|
|
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
1.002,40 EUR |
|
3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
190,46 EUR |
Gesamt |
|
1.192,86 EUR |
Rz. 112
Gerade in Normenkontrollverfahren kann es vorkommen, dass der Anwalt mehrere Auftraggeber vertritt. In diesem Fall erhöht sich die Verfahrensgebühr um 0,3 je weiteren Auftraggeber, sofern der Gegenstand derselbe ist.
Rz. 113
Möglich sind insbesondere hier unterschiedliche Beteiligungen, so z.B., wenn mehrere Auftraggeber gegen einen Bebauungsplan vorgehen. Zwar verfolgt jeder Eigentümer nur sein eigenes Interesse, sodass durch mehrere Eigentumsparteien keine Erhöhung eintritt, sondern die Werte zu addieren sind. Soweit aber hinsichtlich eines Grundstücks mehrere Miteigentümer oder Mitberechtigte vorhanden sind, erhöht dies die Verfahrensgebühr nach Nr. 1008 VV, denn ihre Zielrichtung ist regelmäßig dieselbe, nämlich die Abwehr durch den Plan erwarteter Nachteile für dasselbe Grundstück.
Beispiel 53: Normenkontrollverfahren, mehrere Auftraggeber, derselbe Gegenstand und unterschiedliche Gegenstände
Der Anwalt vertritt in einem Normenkontrollverfahren die Eigentümer von insgesamt sechs Grundstücken. Das Gericht setzt den Streitwert auf 120.000,00 EUR fest, nämlich 20.000,00 EUR je Grundstück. Vier Grundstücke gehören jeweils Eheleuten, die anderen beiden Grundstücke jeweils Einzelpersonen.
Die Verfahrensgebühr ist insgesamt aus einem Wert von 120.000,00 EUR zu berechnen. Aus dem Teilwert von (4 x 20.000,00 EUR =) 80.000,00 EUR erhöht sich die 1,6-Verfahrensgebühr der Nr. 3300 Nr. 2 VV um 0,3 auf 1,9, da insoweit eine Auftraggebermehrheit vorliegt. Im Übrigen (40.000,00 EUR) bleibt es bei einer 1,6-Verfahrensgebühr. Zu beachten ist § 15 Abs. 3 RVG. Der Anwalt erhält nicht mehr als eine 1,9-Verfahrensgebühr aus dem Gesamtwert von 120.000,00 EUR.
1. |
1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3300 Nr. 2 VV |
1.787,20 EUR |
|
|
(Wert: 40.000,00 EUR) |
|
|
2. |
1,9-Verfahrensgebühr, Nrn. 3300 Nr. 2, 1008 VV |
2.787,30 EUR |
|
|
(Wert: 80.000,00 EUR) |
|
|
|
gem. § 15 Abs. 3 RVG nicht mehr als |
|
3.323,10 EUR |
|
1,9 aus 120.000,00 EUR |
|
|
3. |
1,2-Terminsgebühr, Vorbem. 3.3.1, Nr. 3104 VV |
|
2.098,80 EUR |
|
(Wert: 120.000,00 EUR) |
|
|
4. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
5.441,90 EUR |
|
5. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
1.033,96 EUR |
Gesamt |
|
6.475,86 EUR |
Das OVG Berlin-Brandenburg will demgegenüber wie folgt abrechnen, was jedoch unzutreffend ist, da es keine Erhöhungsgebühren gibt.
1. |
1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3300 Nr. 2 VV |
|
2.798,40 EUR |
|
(Wert: 120.000,00 EUR) |
|
|
2. |
0,3-Erhöhungsgebühr, Nr. 1008 VV |
|
246,60 EUR |
|
(Wert: 20.000,00 EUR) |
|
|
3. |
0,3-Erhöhungsgebühr, Nr. 1008 VV |
|
246,60 EUR |
|
(Wert: 20.000,00 EUR) |
|
|
4. |
0,3-Erhöhungsgebühr, Nr. 1008 VV |
|
246,60 EUR |
|
(Wert: 20.000,00 EUR) |
|
|
5. |
0,3-Erhöhungsgebühr, Nr. 1008 VV |
|
246,60 EUR |
|
(Wert: 20.000,00 EUR) |
|
|
6. |
1,2-Terminsgebühr, Vorbem. 3.3.1, Nr. 3104 VV |
|
2.098,80 EUR |
|
(Wert: 120.000,00 EUR) |
|
|
7. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
5.903,60 EUR |
|
8. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
1.121,68 EUR |
Gesamt |
|
7.025,28 EUR |
Rz. 114
Neben der Verfahrensgebühr nach Nr. 3300 Nr. 2 VV kann auch eine Terminsgebühr entstehen. Diese richtet sich gem. Vorbem. 3.3.1 VV nach Nr. 3104 VV.
Beispiel 54: Erstinstanzliches Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht/Verwaltungsgerichtshof mit Termin
Der Anwalt vertritt den Mandanten im erstinstanzlichen Verfahren vor dem OVG (Wert: 40.000,00 EUR). Es wird mündlich verhandelt.
Hinzu kommt jetzt noch eine Terminsgebühr nach Nr. 3300 Nr. 2 VV (Vorbem. 3.3.1 VV).
1. |
1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3300 Nr. 2 VV |
|
1.787,20 EUR |
|
(Wert: 40.000,00 EUR) |
|
|
2. |
1,2-Terminsgebühr, Vorbem. 3.3.1, Nr. 3104 VV |
|
1.340,40 EUR |
|
(Wert: 40.000,00 EUR) |
|
|
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
3.147,60 EUR |
|
4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
598,04 EUR |
Gesamt |
|
3.745,64 EUR |
Rz. 115
In den V...