§ 3 Anspruchsgrundlagen / III. Tierhalterhaftung gem. § 833 BGB

Rz. 39

Einen Gefährdungshaftbestand bietet das BGB für Verkehrsunfälle unter Beteiligung von Tieren. Die Einzelheiten hierzu regeln die §§ 833 und 834 BGB.

Gem. § 833 BGB haftet der Halter eines Tieres verschuldensunabhängig auf Ausgleich der durch das Tier verursachten Sach- oder Personenschäden, solange es sich nicht um ein Haustier handelt, das dem Berufe, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt des Tierhalters zu dienen bestimmt ist. Liegt einer der letzteren Fälle eines sog. Nutztieres vor, besteht zwar eine verschuldensabhängige Haftung. Bei dieser wird jedoch nach § 833 Abs. 1 S. 2 BGB das Verschulden des Halters ebenso wie eine Kausalität vermutet. Dies hat zur Folge, dass sich der Halter entsprechend exkulpieren muss. Hierzu folgendes Beispiel:

Rz. 40

Muster 3.10: Unfall unter Beteiligung von Tieren

Muster 3.10: Unfall unter Beteiligung von Tieren

Herrn/Frau

_________________________

Schaden vom _________________________

Pkw _________________________, amtl. Kennzeichen _________________________

Sehr geehrter Herr _________________________,

ausweislich der in der Anlage beigefügten Vollmacht vertreten wir die Interessen des Herrn _________________________ aus _________________________.

Gegenstand des Mandats ist der Verkehrsunfall am _________________________. Der Schaden ereignete sich wie folgt:

_________________________

Durch Schreiben vom _________________________ machte unser Mandant gegen Sie Ansprüche auf Schadensersatz aus Anlass des Verkehrsunfalls in Höhe von _________________________ EUR geltend. Der Zahlungsaufforderung unseres Mandanten hielten Sie durch Schreiben vom _________________________ entgegen, Sie hätten alles menschenmögliche unternommen, um zu verhindern, dass sich Ihr Hund losreißt. Deshalb sei der Schaden von Ihnen nicht verschuldet worden.

Für Ihre Haftung ist dies hingegen ohne Relevanz. Maßgeblich sind im vorliegenden Fall die Regelungen der Tierhalterhaftung gem. § 833 BGB. Danach haftet der Halter eines Tieres für den Eintritt des dadurch verursachten Schadens unabhängig von einem etwaigen Verschulden, solange es sich bei dem Tier nicht um ein Haustier handelt, das dem Beruf oder der Erwerbstätigkeit des Tierhalters dient. Bei Ihrem Hund handelt es sich hingegen um ein sog. Luxustier, das ohne Bezug zu einem von Ihnen ausgeübten Beruf gehalten wird. Folglich finden auf ihn die Grundsätze der verschuldensunabhängigen Gefährdungshaftung gem. § 833 BGB uneingeschränkte Anwendung. Für Ihre Haftung kommt es nicht darauf an, ob und inwieweit das Ausreißen des Hundes von Ihnen verschuldet wurde. Maßgeblich ist allein die Schadensverursachung. Die zum Schaden führenden Begleitumstände sind irrelevant.

Danach habe ich Sie aufzufordern, den bereits mit Schreiben vom _________________________ bezifferten Schaden in Höhe von _________________________ unverzüglich, spätestens jedoch bis zum

_________________________ (10-Tages-Frist)

auszugleichen. Nach fruchtlosem Fristablauf werde ich meinem Mandanten empfehlen, gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Sollten Sie über Versicherungsschutz in einer Tierhalterhaftpflichtversicherung verfügen, bin ich gern bereit, die weitere Korrespondenz in der Schadensache unmittelbar mit dem Versicherer zu führen. In diesem Fall bitte ich um die Benennung des Versicherers sowie der Versicherungsscheinnummer innerhalb der o.g. Frist. Bitte denken Sie auch daran, dem Tierhaftpflichtversicherer den Schadensfall unverzüglich zu melden, um die Ihnen insoweit obliegenden Pflichten zu erfüllen. Eine unterlassene Meldung des Schadens kann zum Verlust des Versicherungsschutzes führen.

Mit freundlichen Grüßen

(Rechtsanwalt)

Rz. 41

Der dogmatische Ansatzpunkt für die verschuldensunabhängige Haftung ist darin zu sehen, dass sich durch den Unfall die in dem Hund steckende spezifische Tiergefahr realisiert hat. Die vom Tier ausgehende unberechenbare Gefahr für die Allgemeinheit rechtfertigt eine Abweichung von dem allgemeinen Grundsatz, dass für jede Haftung ein Verschulden erforderlich ist.

Bei dem vorliegenden Verkehrsunfall scheidet ein Mitverschulden des A aus. Er durfte angesichts der von der Größe des Tieres ausgehenden Gefahr kein Ausweichmanöver durchführen. Letztendlich ist aber zu beachten, dass bei der Abwägung der Verursachungsbeiträge die Betriebsgefahr des Kfz einerseits und die Sachgefahr des Hundes andererseits abzuwägen sind, § 17 Abs. 3 StVG. Im Fall einer gerichtlichen Auseinandersetzung ist zu erwarten, dass die verbleibende Betriebsgefahr des Kfz je nach konkreter Unfallsituation nicht gänzlich hinter der Sachgefahr eines frei laufenden Hundes zurücktritt, sondern in Höhe von 20-40 % zu berücksichtigen sein kann.