Rz. 120
Mit dem KostRÄG 2021 sind auch die Reisekosten des Anwalts angehoben worden, und zwar die Fahrtkosten mit dem eigenen Pkw (Nr. 7003 VV RVG) sowie die Tages- und Abwesenheitsgelder (Nr. 7005 VV RVG). Auch hier gilt die Übergangsregelung des § 60 RVG. Maßgebend ist also nicht, wann die Geschäftsreise ausgeführt wird, sondern der Tag der unbedingten Auftragserteilung zur jeweiligen Angelegenheit (§ 60 Abs. 1 S. 1 RVG) bzw. der Tag der Beiordnung oder Bestellung (§ 60 Abs. 1 S. 3 RVG).
Rz. 121
Beispiel:
Der Anwalt ist im November 2020 mit der Einreichung einer Klage beauftragt worden. Im Februar 2021 fand der Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem auswärtigen Gericht statt, zu dem der Anwalt anreist.
Maßgebend ist gem. § 60 Abs. 1 S. 1 RVG der Tag der Auftragserteilung, sodass nach den alten Auslagenbeträgen abzurechnen ist.
Rz. 122
Möglich ist, dass der Anwalt eine Geschäftsreise in mehreren Angelegenheiten unternimmt. Die Zuordnung der Reisekosten zur jeweiligen Angelegenheit richtet sich dann nach Vorbem. 7 Abs. 3 VV RVG. Dabei kann es vorkommen, dass in einer Angelegenheit der Auftrag vor dem 1.1.2021 erteilt worden ist und in der anderen Angelegenheit nach dem 31.12.2020. Es gelten dann für die eine Angelegenheit noch die alten Beträge, während in der anderen Angelegenheit bereits die neuen Beträge gelten.
Rz. 123
Richtet sich in einem solchen Fall die Vergütung für eine gemeinsame Geschäftsreise teils nach neuen Beträgen und teils nach den alten Beträgen, so ist die Berechnung der jeweiligen Anteile nach dem jeweils anzuwendenden Recht zu ermitteln (siehe Vorbem. 7 Abs. 3 VV RVG).
Rz. 124
Bei der Berechnung des auf die jeweilige Angelegenheit entfallenden Reisekostenanteils ist dabei in folgenden Schritten vorzugehen:
Rz. 125
Berechnungsformel
1. Zunächst sind die tatsächlichen (abrechnungsfähigen) Gesamtkosten zu berechnen.
2. Sodann sind die fiktiven Einzelreisekosten zu ermitteln, die angefallen wären, wenn der Anwalt die Reisen für jeden Mandanten einzeln durchgeführt hätte.
3. Schließlich muss noch die Summe der Kosten der fiktiven einzelnen Reisen errechnet werden.
4. Alsdann werden die fiktiven Einzelreisekosten des Mandanten mit der Summe der tatsächlichen abrechnungsfähigen Reisekosten multipliziert und durch den Gesamtbetrag aller fiktiven Reisekosten dividiert. Es gilt also folgende Formel:
Fiktive Einzelreisekosten des Mandanten x tatsächliche abrechnungsfähige
Gesamtreisekosten
Summe aller fiktiven Einzelreisekosten
Rz. 126
Soweit in mehreren Angelegenheiten dieselbe Reise zurückgelegt wird und sich auch keine Unterschiede bei, Tage- und Abwesenheitsgeld ergeben, ist die Abrechnung einfach.
Rz. 127
Beispiel:
Der Anwalt fährt im Februar 2021 zum 20 km entfernten auswärtigen Gericht und nimmt für Mandant A an einer Zivilsache teil (Auftrag November 2020) und anschließend für Mandant B in einer Bußgeldsache (Auftrag Januar 2021). Er ist innerhalb von vier Stunden wieder in der Kanzlei.
Gegenüber A ist nach den alten Beträgen wie folgt abzurechnen:
2 x 20 km x 0,30 EUR/km, Nr. 7003 VV RVG |
|
12,00 EUR |
Tage- und Abwesenheitsgelt, Nr. 7005 Nr. 1 VV RVG |
|
25,00 EUR |
Zwischensumme |
37,00 EUR |
|
Hiervon 50 % |
|
18,50 EUR |
Gegenüber B ist dagegen nach den neuen Beträgen wie folgt abzurechnen:
2 x 20 km x 0,42 EUR/km, Nr. 7003 VV RVG |
|
16,80 EUR |
Tage- und Abwesenheitsgelt, Nr. 7005 Nr. 1 VV RVG |
|
30,00 EUR |
Zwischensumme |
46,80 EUR |
|
Hiervon 50 % |
|
23,40 EUR |
Rz. 128
Komplizierter wird die Berechnung, wenn es sich um eine sog. "Rundreise" handelt.
Beispiel:
Der Anwalt hat seine Kanzlei in Köln. Vom Mandant A ist er im November 2020 mit einem Rechtsstreit vor dem LG Bonn beauftragt worden und von Mandant B im Januar 2021 mit einem Rechtsstreit vor dem LG Koblenz. Beide Gerichte terminieren auf denselben Tag. Im Februar 2021 fährt der Anwalt für den Mandanten A zum LG Bonn und anschließend weiter für den Mandanten B zum LG Koblenz. Auszugehen ist dabei von folgenden Entfernungen: Das LG Bonn liegt 30 km von der Kanzlei entfernt, das LG Koblenz 120 km, die Entfernung zwischen LG Bonn und LG Koblenz beträgt 100 km.
Dabei ist jetzt gem. Vorbem. 7 Abs. 3 VV RVG zu berücksichtigen, dass gegenüber dem Mandanten A nach den alten Auslagenbeträgen abzurechnen ist, gegenüber dem Mandanten B dagegen nach den neuen Auslagenbeträgen.
I. Abrechnung für A
1. Tatsächliche abrechnungsfähige Gesamtreisekosten nach altem Recht
Fahrtkosten, Nr. 7003 VV RVG ([30 + 100 + 120 km] x 0,30 EUR/km) |
75,00 EUR |
Abwesenheitspauschale 4 bis 8 Stunden, Nr. 7005 Nr. 2 VV RVG |
40,00 EUR |
Gesamt |
115,00 EUR |
2. Fiktive Einzelreisekosten nach altem Recht
Mandant A
Fahrtkosten, Nr. 7003 VV RVG (2 x 30 km x 0,30 EUR/km) |
18,00 EUR |
Abwesenheitspauschale bis 4 Stunden, Nr. 7005 Nr. 1 VV RVG |
25,00 EUR |
Gesamt |
43,00 EUR |
Mandant B
Fahrtkosten, Nr. 7003 VV RVG (2 x 120 km x 0,30 EUR/km) |
72,00 EUR |
Abwesenheitspauschale 4 bis 8 Stunden, Nr. 7005 Nr. 2 VV RVG |
40,00 EUR |
Gesamt |
112,00 EUR |
3. Summe ...