Rz. 86
Ob sich der Betreuer bei der Vermögenssorge nach den Wünschen des Betroffenen zu richten hat oder ihm vorrangig die Aufgabe obliegt, dessen Vermögen zu erhalten und/oder zu mehren, ist einzelfallabhängig zu beurteilen. Die Richtschnur bildet § 1821 BGB. Der Gesetzgeber sieht vor, dass der Betreuer den Wünschen des Betreuten vorrangig zu entsprechen hat, soweit dies dessen Wohl nicht zuwiderläuft (§ 1821 Abs. 2 S. 3, 4 BGB). Der BGH hat zu diesem Aspekt eine wichtige Klarstellung getroffen: Grundsätzlich ist ein Wunsch des Betreuten beachtlich und zu berücksichtigen, sofern dessen Erfüllung nicht die gesamte Lebens- und Versorgungssituation erheblich verschlechtern würde und nicht allein Ausdruck der Erkrankung ist. Der Wunsch des Betreuten muss zudem dessen Selbstbestimmungsrecht entspringen und darf sich nicht als Vorstufe zur Erreichung eines weitergehenden Zwecks darstellen. Dazu muss der Betreute aber trotz seiner Erkrankung überhaupt in der Lage sein, eigene Wünsche und Vorstellungen zu bilden und diese zur Orientierung seiner Lebensführung zu machen.
Rz. 87
Daraus folgt, dass der Betreuer nicht verpflichtet ist, möglichst sparsam mit dem ihm anvertrauten Vermögen zu wirtschaften. Der Betreuer ist kein Beauftragter gem. § 667 BGB. Seine Befugnisse leitet er aus der ihm vom Betreuungsgericht übertragenen Amtsstellung ab, § 1816 BGB. Der Betreuer hat jedoch einem Beauftragten vergleichbare Rechte und Pflichten. Daher hat er – ebenso wie ein Beauftragter – die Pflicht, Geld, welches ihm vom Vermögen des Betreuten zur Verfügung gestellt ist, zum Wohl des Betroffenen zu verwenden und auch zurückzugeben, soweit diese Gelder nicht bestimmungsgemäß verwendet worden sind.
Rz. 88
Wenn der Betroffene einen gehobeneren Lebensstil zu führen wünscht, hat der Betreuer dem zu folgen, sofern entsprechende Mittel vorhanden sind. Nur dann, wenn absehbar ist, dass beim gewünschten Lebensstil in einem überschaubaren Zeitrahmen die Mittel aufgebraucht werden und Verarmung droht, entspricht dieser Wunsch nicht dem Wohl des Betroffenen. Das Bayerische Oberste Landesgericht konkretisierte diese Verpflichtung des Betreuers so, dass er bei einem behinderten alten Menschen dessen Vermögen primär dazu verwenden muss, die Lage des Betroffenen zu erleichtern und ihm den früher gewohnten Lebensstandard zu erhalten. Sofern das in vernünftiger Weise möglich ist, sind dabei die früher vom Betroffenen festgelegten Bestimmungen und Belange zu beachten.
Besonders zu beachten sind auch die Wünsche des Betroffenen, wenn dieser z.B. in einer Patientenverfügung vorrangig festgelegt hatte, unter bestimmten Voraussetzungen sterben zu dürfen. In diesem Bereich akzeptiert die Rechtsprechung das auf dieser Grundlage ausgeübte Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen auf einen Abbruch bzw. Einstellung lebenserhaltender Maßnahmen und geht davon aus, dass der Betreuer verpflichtet ist, diesen mutmaßlichen Patientenwillen, sofern dieser auf einer freien Willensbestimmung getroffen wurde, umzusetzen.
Rz. 89
Die Betreuungsgerichte übertragen häufig den Aufgabenkreis "Vermögenssorge", ohne diesen weiter einzugrenzen. Damit erhält der Betreuer eine umfassende Befugnis, sämtliche Tätigkeiten im Vermögensbereich für den Betroffenen durchzuführen. Der Betreuer hat dann Ansprüche des Betreuten, beispielsweise auch aus schuldrechtlichen Verträgen, Unterhaltsansprüche, die Geltendmachung renten- oder sozialhilferechtlicher Ansprüche, durchzuführen. Selbstverständlich gehören hierzu auch die Befugnisse, Pflegegeldanträge oder Anträge nach SGB zu stellen.
Einem Betreuer, dem hingegen nicht sämtliche Aufgabenkreise übertragen oder der nicht zum Vollmachtsüberwachungsbetreuer bestellt wurde, steht hingegen nicht die Befugnis zu, eine vom Betroffenen erteilte Vorsorgevollmacht zu widerrufen. Im Interesse der Rechtsklarheit ist erforderlich, die Befugnis zum Vollmachtswiderruf bei der Bestimmung der Aufgabenkreise ausdrücklich festzulegen.
Rz. 90
Auch etwaige finanzielle Ermäßigungen, beispielsweise bei der Befreiung von Telefon- oder Rundfunkgebühren, sind vom Betreuer anzustreben. Die Abwehr unberechtigter Ansprüche gegen den Betroffenen und die Vertretung in Steuerfragen hat der Betreuer dann ebenfalls vorzunehmen.