Rz. 137
Oftmals befindet sich der Betreute in einem Heim und möchte dem dortigen Personal oder dem Heimträger etwas zukommen lassen. Das gesetzliche Verbot des § 14 Abs. 1 HeimG, der inzwischen durch die Landesheimgesetze konkretisiert wurde, verbietet jedoch, dem Heimträger, Heimleiter oder Heimpersonal etwas wirksam zu schenken. Die Vorschrift wird analog aufgrund des Schutzzwecks der Norm erheblich ausgedehnt. Das Verbot des § 14 HeimG soll auch bei Zuwendungen an Verwandte des Verbotsadressaten Anwendung finden, beispielsweise wenn die Tochter eines Heimmitarbeiters vom Betroffenen als Heimbewohner Zuwendungen erhält. Nach der Tendenz der Rechtsprechung ist zur Vermeidung von Umgehungstatbeständen des § 14 HeimG davon auszugehen, dass Zuwendungen, welche der Betreute an Heimpersonal, deren Angehörige oder den Heimträger selbst vornimmt, unwirksam bleiben werden.
Die Rechtsprechung hat bereits entschieden, dass die Erbeinsetzung der Kinder des Heimleiters zu Nacherben, die Ersatzerbeinsetzung der Ehefrau eines geschäftsführenden Alleingesellschafters einer Pflegeheim-GmbH, ja sogar die Erbeinsetzung der Ehefrau des Pförtners zur Miterbin als unwirksam wegen Umgehung des Schutzzwecks der Norm angesehen wurden.
Rz. 138
Hingegen wird nach allgemeiner Ansicht die analoge Anwendung des § 14 HeimG auf Schenkungen des Betroffenen an den Betreuer verneint. Nur in eng begrenzten Ausnahmefällen soll die Vorschrift solche Zuwendungen ergreifen, nämlich dann, wenn der Betreuer seine Vertrauensstellung missbraucht und den leicht beeinflussbaren Betroffenen gezielt anhält, ihm Vermögenswerte (notariell) zu übertragen. Solcher Art "erschlichene" Zuwendungen tragen den Makel der Sittenwidrigkeit, was zur Nichtigkeit der Zuwendung führt. Insbesondere dann, wenn der Betreuer einen testierunfähigen Betreuten dazu veranlasst, ihn durch letztwillige Verfügung oder einen Dritten testamentarisch einzusetzen, kann dies strafrechtlich eine Untreue hergeben, was ebenfalls zur Nichtigkeit der Verfügung führen kann. Ein gesetzliches Testierverbot zugunsten von Betreuern gab es zunächst nicht, dennoch konnte die Erbeinsetzung des Berufsbetreuers sittenwidrig sein. Dasselbe gilt, wenn der Betreuer ohne Wissen und Wollen des testierunfähigen Betreuten einen Notar mit der Beurkundung eines Testaments beauftragt und dem Notar gegenüber falsche Angaben über den Testamentsinhalt macht.
Durch die Neuregelung des BtOG ergibt sich zum 1.1.2023 auch eine neue Rechtsfolge für die Wirksamkeit eines zugunsten eines Berufsbetreuers errichteten Testaments: Die nach § 30 Abs. 1 S. 1, 2 BtOG untersagte Annahme einer Zuwendung von Todes wegen durch einen Berufsbetreuer stellt nur noch einen Verstoß gegen seine Berufspflichten dar, nicht jedoch gegen das gesetzliche Verbot nach § 134 BGB. Demnach bleiben die letztwillige Verfügung des Erblassers sowie der Vermögenstransfer gem. § 1922 Abs. 1 BGB wirksam, um dem umfassenden Schutz der Testierfreiheit Geltung zu verschaffen. Allerdings ist diese gesetzgeberische Wertung bei der Prüfung der Sittenwidrigkeit der letztwilligen Verfügung zu berücksichtigen. Aufgrund der Neuregelung ist die Testierfreiheit des Betreuten umfassender geschützt als vor der Gesetzesänderung. Das Verdikt der Sittenwidrigkeit des § 138 BGB im Rahmen der letztwilligen Verfügung ist künftig kaum noch zu erreichen, wenn der Berufsbetreuer die Zuwendung annimmt. Der Berufsbetreuer sollte sich eine solche Annahme allerdings genau überlegen, denn wenn die Annahme der erbrechtlichen Zuwendung unter Verstoß gegen § 30 Abs. 1 S. 2 BtOG erfolgt, kann dies künftig auf die Bewertung seiner Zuverlässigkeit Einfluss haben.
Rz. 139
Ebenso wird die analoge Anwendung des § 14 HeimG verneint, wenn der Betreute ein Testament zugunsten des Pflegedienstes errichtet. Nur wenn der Pflegedienst seine Stellung und das persönliche Vertrauensverhältnis zum Testierenden dazu einsetzt, diesen übermäßig zu beeinflussen, ist die letztwillige Verfügung sittenwidrig und nichtig.