1. Unverzüglich vorzunehmende Handlungen
Rz. 81
Zunächst ist der Umfang und Bestand des zu verwaltenden Vermögens festzustellen. Hilfreich sind hierzu Kontoauszüge, Sparbücher und etwaige Steuerbelege des Betroffenen.
Eine erste Kontaktaufnahme mit den kontoführenden Banken des Betroffenen sollte unter allen Umständen die Abfrage nach dem Kontostand zum Stichtag (Tag der Betreuungsübernahme) beinhalten. Daueraufträge, Kontovollmachten und Schließfächer sind ebenso in Erfahrung zu bringen.
Beim zuständigen Sozialamt und Rentenversicherungsträger ist nachzufragen, ob und welche Leistungen von dort erbracht werden.
Sind Immobilien oder Erbbaurechte im Vermögen des Betroffenen, sind die Grundbücher einzusehen.
Praxistipp
Der Betreuer sollte sich hierzu unbeglaubigte Grundbuchauszüge anfordern, um den aktuellen Grundbuchstand zu ermitteln.
Eine (gegebenenfalls beglaubigte) Kopie der Bestallungsurkunde ist den Anfragen beizufügen, um den Auskunft erteilenden Stellen die Auskunftsberechtigung darzulegen.
2. Vermögenssicherung
a) Bankvollmachten, Sperrvermerke, Sammelkonten
Rz. 82
In einem zweiten Schritt ist das Vermögen des Betroffenen vom Betreuer zu sichern. Hierzu sind zunächst vordringlich bestehende Kontovollmachten zu widerrufen.
Für die Praxis des Betreuers gegenüber Banken stellt sich häufig das Problem, dass die kontoführenden Banken für jede Vermögensverfügung des Betreuers die Vorlage des Original-Betreuerausweises verlangen. Dies ist allerdings nach der Rechtsprechung nicht zulässig. Auch wenn das AG Oldenburg dies erstinstanzlich befürwortet, hat das LG Oldenburg gegenteilig entschieden: Da der Betreuerausweis selbst keine materiell-rechtlichen Wirkungen entfaltet, kann er auch keine Rechtschutzwirkungen im Hinblick auf die Wirksamkeit der Bestellung oder des Fortbestandes des Amtes zeitigen. Die einmalige Vorlage des Original-Betreuerausweises ist daher geeignet, die Legitimation des Betreuers gegenüber der Bank zu dokumentieren. Notfalls müssten die Banken, wenn sie Zweifel an der Wirksamkeit der Bestellung bzw. der Fortdauer der wirksamen Bestellung des Betreuers haben, gem. § 34 FamFG durch Nachfrage bei Gericht diese Fragen aufklären. Da das Risiko, dass die Wirksamkeit und der wirksame Fortbestand eines Betreuerausweises nicht mehr gegeben ist, jedoch sehr gering ist, genügt es, wenn der Betreuer gegenüber der Bank einmalig durch Vorlage des Original-Betreuerausweises seine Legitimation offenlegt.
Umgekehrt gilt, dass, wenn eine Bank einen Vorsorgebevollmächtigten zur Stellung eines Betreuungsantrages anhält, weil sie die vorgelegte Vorsorgevollmacht nicht akzeptiert, sondern eine bankinterne Vollmacht für erforderlich hält, dies jedenfalls dann unzulässig ist und der Bank die Kosten aufzuerlegen sind für das Betreuungsverfahren, wenn keine Rechtsgrundlage für das Zurückweisen der vorgelegten Vorsorgevollmacht besteht.
Rz. 83
Die Banken sind aufzufordern, die Konten und, soweit vorhanden, die Wertpapierdepots mit einem Sperrvermerk nach § 1845 BGB zu versehen.
Da der Betreuer für den Betroffenen auch ein Konto zur Bestreitung der laufenden Ausgaben führen soll, ist der Sperrvermerk dort nicht anzubringen.
Rz. 84
Der Betreuer darf dabei unter keinen Umständen das Vermögen des Betroffenen mit seinem Eigenvermögen vermischen, sondern hat dieses streng davon zu trennen. Geld des Betroffenen darf daher nicht auf ein Konto des Betreuers eingezahlt werden. Legt der Betreuer Geld des Betroffenen bei einer Bank an, die nicht Mitglied des Einlagensicherungsfonds des Bundesverbandes Deutscher Banken e.V. ist, kann er sich sogar schadenersatzpflichtig machen.
Rz. 85
Führt ein Betreuer mehrere Betreuungen, ist die Einrichtung eines Sammelkontos für die Gelder mehrerer Betroffener nicht gestattet.
b) Wünsche des Betroffenen
Rz. 86
Ob sich der Betreuer bei der Vermögenssorge nach den Wünschen des Betroffenen zu richten hat oder ihm vorrangig die Aufgabe obliegt, dessen Vermögen zu erhalten und/oder zu mehren, ist einzelfallabhängig zu beurteilen. Die Richtschnur bildet § 1821 BGB. Der Gesetzgeber sieht vor, dass der Betreuer den Wünschen des Betreuten vorrangig zu entsprechen hat, soweit dies dessen Wohl nicht zuwiderläuft (§ 1821 Abs. 2 S. 3, 4 BGB). Der BGH hat zu diesem Aspekt eine wichtige Klarstellung getroffen: Grundsätzlich ist ein Wunsch des Betreuten beachtlich und zu berücksichtigen, sofern dessen Erfüllung nicht die gesamte Lebens- und Versorgungssituation erheblich verschlechtern würde und nicht allein Ausdruck der Erkrankung ist. Der Wunsch des Betreuten muss zudem dessen Selbstbestimmungsrecht entspringen und darf sich nicht als Vorstufe zur Erreichung eines weitergehenden Zwecks darstellen. Dazu muss der B...