Rz. 177
Sind mehrere Erben an einem Nachlass beteiligt, bilden diese eine gesamthänderisch gebundene Erbengemeinschaft i.S.d. § 2032 BGB, solange bzw. soweit der Nachlass nicht geteilt ist. Die Erbengemeinschaft selber ist nicht einkommensteuerpflichtig, obwohl ihr die Erträge aus dem Nachlass zufließen, etwa die Mieteinkünfte einer fremdvermieteten Nachlassimmobilie auf ein entsprechendes (gesamthänderisch gebundenes) Konto. Die Einkünfte werden bis zur Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft für diese im Wege der einheitlichen und gesonderten Feststellung gem. §§ 179, 180 AO ermittelt und durch Feststellungbescheid bekannt gegeben.
Rz. 178
Die Erträge werden den Erben nach ihrer Erbquote anteilig zugerechnet. Die Erbengemeinschaft wird dabei steuerlich bei den Überschusseinkünften (z.B. Mieteinkünfte, Kaptaleinkünfte) wie eine Bruchteilsgemeinschaft i.S.d. § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO und bei den Gewinneinkünften (z.B. Einkünfte aus Gewerbebetrieb) als Mitunternehmerschaft i.S.d. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG behandelt. Die Einkünfteerzielung durch die Erbengemeinschaft und damit die Zurechnung der laufenden Einkünfte an die Miterben findet ihr Ende, soweit sich die Miterben hinsichtlich des gemeinsamen Vermögens auseinandersetzen.
Rz. 179
Nach Auffassung der Finanzverwaltung wird bei einer Auseinandersetzungsvereinbarung in der Regel eine rückwirkende Zurechnung laufender Einkünfte für sechs Monate auf den Zeitpunkt des Erbfalls (ohne Zwischenabrechnung) anerkannt. Dazu muss innerhalb der Frist eine klare und rechtlich bindende – insbesondere formwirksame – Vereinbarung mit entsprechendem Übergang von Nutzungen und Lasten über die Auseinandersetzung und ihre Modalitäten vorliegen und auch tatsächlich durchgeführt werden. Soweit noch eine Wertfindung erforderlich ist, kann diese jedoch auch außerhalb der Frist erfolgen. Wird die Erbengemeinschaft also innerhalb von sechs Monaten nach dem Erbfall (teil-)auseinandergesetzt und erhält ein Miterbe eine vermietete Nachlassimmobilie nebst Erträgen ab dem Zeitpunkt des Erbfalls, wird diese Zurechnung steuerlich anerkannt. Es kommt also nicht zu einer Zwischenzurechnung an die Erbengemeinschaft.
Rz. 180
Liegt eine Teilungsanordnung des Erblassers i.S.d. § 2048 BGB vor und verhalten sich die Miterben tatsächlich bereits vor der Auseinandersetzung entsprechend dieser Anordnung, indem die Einkünfte einem Miterben zugeordnet werden, ist nach Ansicht der Finanzverwaltung eine rückwirkende Zurechnung laufender Einkünfte auch über einen längeren Zeitraum als sechs Monate, der sich an den Umständen des Einzelfalls zu orientieren hat, möglich. Der BFH ließ in einem Fall eine Rückbeziehung über einen Zeitraum von 27 Monaten zu. Wesentliches Abgrenzungskriterium einer Teilungsanordnung i.S.d. § 2048 BGB zum Vorausvermächtnis ist ein entsprechender Begünstigungswille des Erblassers (siehe § 4 Rdn 33 f.>).