1. Alleinerbe
Rz. 175
Gemäß § 45 Abs. 1 AO gehen im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge i.S.d. § 1922 BGB die Forderungen und Schulden (abgesehen von Zwangsgeldern) aus dem Steuerschuldverhältnis auf den Erben über. Der Erbe tritt als Gesamtrechtsnachfolger in einem umfassenden Sinne sowohl in materieller als auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht in die abgabenrechtliche Stellung des Erblassers ein. Die steuerpflichtigen Erträge, die einem Alleinerben nach dem Erbfall aus dem Nachlass zufließen, werden bei diesem einkommensversteuert. Diese ertragsteuerliche Zurechnung der Einkünfte greift auch, wenn der Erbe den Nachlass nicht selber verwaltet, sondern ein (Dauer-)Testamentsvollstrecker oder Nachlasspfleger die Verwaltung vornimmt.
Rz. 176
Die Erbschaft selber, die ein kindergeldberechtigtes Kind nach einem Elternteil erhält, ist für das Kindergeld grundsätzlich unschädlich. Sie stellt insbesondere keinen Erwerb aufgrund Erwerbstätigkeit i.S.d. § 32 Abs. 4 S. 2 EStG dar.
2. Erbengemeinschaft
Rz. 177
Sind mehrere Erben an einem Nachlass beteiligt, bilden diese eine gesamthänderisch gebundene Erbengemeinschaft i.S.d. § 2032 BGB, solange bzw. soweit der Nachlass nicht geteilt ist. Die Erbengemeinschaft selber ist nicht einkommensteuerpflichtig, obwohl ihr die Erträge aus dem Nachlass zufließen, etwa die Mieteinkünfte einer fremdvermieteten Nachlassimmobilie auf ein entsprechendes (gesamthänderisch gebundenes) Konto. Die Einkünfte werden bis zur Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft für diese im Wege der einheitlichen und gesonderten Feststellung gem. §§ 179, 180 AO ermittelt und durch Feststellungbescheid bekannt gegeben.
Rz. 178
Die Erträge werden den Erben nach ihrer Erbquote anteilig zugerechnet. Die Erbengemeinschaft wird dabei steuerlich bei den Überschusseinkünften (z.B. Mieteinkünfte, Kaptaleinkünfte) wie eine Bruchteilsgemeinschaft i.S.d. § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO und bei den Gewinneinkünften (z.B. Einkünfte aus Gewerbebetrieb) als Mitunternehmerschaft i.S.d. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG behandelt. Die Einkünfteerzielung durch die Erbengemeinschaft und damit die Zurechnung der laufenden Einkünfte an die Miterben findet ihr Ende, soweit sich die Miterben hinsichtlich des gemeinsamen Vermögens auseinandersetzen.
Rz. 179
Nach Auffassung der Finanzverwaltung wird bei einer Auseinandersetzungsvereinbarung in der Regel eine rückwirkende Zurechnung laufender Einkünfte für sechs Monate auf den Zeitpunkt des Erbfalls (ohne Zwischenabrechnung) anerkannt. Dazu muss innerhalb der Frist eine klare und rechtlich bindende – insbesondere formwirksame – Vereinbarung mit entsprechendem Übergang von Nutzungen und Lasten über die Auseinandersetzung und ihre Modalitäten vorliegen und auch tatsächlich durchgeführt werden. Soweit noch eine Wertfindung erforderlich ist, kann diese jedoch auch außerhalb der Frist erfolgen. Wird die Erbengemeinschaft also innerhalb von sechs Monaten nach dem Erbfall (teil-)auseinandergesetzt und erhält ein Miterbe eine vermietete Nachlassimmobilie nebst Erträgen ab dem Zeitpunkt des Erbfalls, wird diese Zurechnung steuerlich anerkannt. Es kommt also nicht zu einer Zwischenzurechnung an die Erbengemeinschaft.
Rz. 180
Liegt eine Teilungsanordnung des Erblassers i.S.d. § 2048 BGB vor und verhalten sich die Miterben tatsächlich bereits vor der Auseinandersetzung entsprechend dieser Anordnung, indem die Einkünfte einem Miterben zugeordnet werden, ist nach Ansicht der Finanzverwaltung eine rückwirkende Zurechnung laufender Einkünfte auch über einen längeren Zeitraum als sechs Monate, der sich an den Umständen des Einzelfalls zu orientieren hat, möglich. Der BFH ließ in einem Fall eine Rückbeziehung über einen Zeitraum von 27 Monaten zu. Wesentliches Abgrenzungskriterium einer Teilungsanordnung i.S.d. § 2048 BGB zum Vorausvermächtnis ist ein entsprechender Begünstigungswille des Erblassers (siehe § 4 Rdn 33 f.>).
3. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
Rz. 181
Der bzw. die Erben treten im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge (§ 1922 BGB) zivilrechtlich in die Rechte und Pflichten der die Nachlassimmobilien betreffenden Miet- bzw. Pachtverhältnisse ein. Geht eine vermietete/verpachtete Immobilie im Rahmen eines Erbfalls auf die Erben über, erzielen diese ab diesem Zeitpunkt die Einkünfte i.S.d. § 21 EStG. Diese ermitteln sich aus dem Überschuss der Mieteinnahmen (§ 8 EStG) einerseits und der Werbungskosten (§ 9 EStG) andererseits.
Rz. 182
Werbungkosten, die in einem Jahresbetrag anfallen (z.B. Grundsteuer, § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 EStG), sind zwischen Erblasser und Erben zeitanteilig aufzuteilen.
Rz. 183
Die Absetzungen für Abnutzung i.S.d. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 7 EStG des Erblassers führt der Erbe fort, § 11d Abs. 1 EStDV. Die Abschreibung bemisst sich nach den Anschaffungs- oder Herstellu...