Rolf Schaefer, Dipl.-Jur. Malte Schaefer
Rz. 118
Nach § 15 Abs. 3 RVG, Nr. 3101 Nr. 2 VV erhält der Rechtsanwalt 0,8 einer Verfahrensgebühr nach dem Differenzwert (= Wert des Vergleichs – Wert des Streitgegenstandes des Verfahrens). Gemäß § 15 Abs. 3 RVG erhält der Rechtsanwalt aber keine höhere Vergütung, als hätte er von vornherein den gesamten Gegenstand des Vergleiches rechtshängig gemacht (nicht mehr als eine Verfahrensgebühr in Höhe von 1,3 nach dem Wert des Gegenstandes des Vergleichs).
Rz. 119
Entsteht wegen der gleichen Ansprüche erst eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV, ist diese auf eine anschließend nach Nr. 3101 VV entstehende Verfahrensdifferenzgebühr zur Hälfte, jedoch höchstens mit einem Gebührensatz von 0,75 anzurechnen (Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV). Diese Anrechnung muss erst vorgenommen werden. Nur Beträge, die sich danach noch auswirken, können zum Überschreiten der Höchstgrenze (1,3 Verfahrensgebühr aus dem Gesamtstreitwert) führen und der Anrechnung nach § 15 Abs. 3 RVG unterfallen. Das dortige Beispiel verdeutlicht die Relevanz der Frage der Anrechnung der Geschäftsgebühr.
Beispiel
R ist auf Bitten des A wegen des Zeugnisses nach Ablauf der Kündigungsfrist tätig geworden und hat den Arbeitgeber angeschrieben. R erhält für seine außergerichtliche Tätigkeit wegen des Zeugnisses eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV in Höhe der Regelgebühr von 1,3.
Nach einer vergleichsweisen Einigung über die Kündigungssache mit der Regelung der Zeugnisfrage erhält R neben der Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 in Höhe von 1,3 nach dem Wert der Kündigungssache eine Verfahrensdifferenzgebühr gemäß Nr. 3101 Nr. 2 VV in Höhe von 0,8 nach dem Wert des Zeugnisses. Hierauf ist die Geschäftsgebühr zur Hälfte, also in Höhe von 0,65 gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV anzurechnen.
Rz. 120
Der Rechtsanwalt erhält die Verfahrensdifferenzgebühr gemäß Nr. 3101 Nr. 2 VV für die dort genannten Tätigkeiten auch dann, wenn tatsächlich keine Einigung erzielt wird, etwa wenn nach Verhandlungen oder nach Beantragung der Protokollierung die geplante Einigung scheitert, weil sich die Parteien doch nicht einigten oder weil die für eine Einigung erforderliche Genehmigung nicht erteilt wird. Fällt die Geschäftsgebühr für die vorgerichtliche Tätigkeit des Anwalts mehrfach an und werden die vorgerichtlich geltend gemachten Ansprüche im Wege der objektiven Klagehäufung in einem einzigen Verfahren geltend gemacht, so dass die Verfahrensgebühr nur einmal entsteht, sind die entstandenen Geschäftsgebühren nach § 15a Abs. 2 RVG.
Rz. 121
Bei einem widerruflich geschlossenen Vergleich entsteht die Verfahrensdifferenzgebühr mit dem Abschluss des widerruflichen Vergleiches. Während es für die Entstehung der Einigungsgebühr darauf ankommt, dass der Vergleich nicht widerrufen wird (Abs. 3 der Anmerkung zu Nr. 1000 VV), ist eine entsprechende Bestimmung für die Verfahrensdifferenzgebühr nicht vorhanden und eine solche Bestimmung wäre auch nicht sachgerecht. Die Verfahrensdifferenzgebühr ist die Gegenleistung für die anwaltliche Tätigkeit, während die Einigungsgebühr einen erzielten Erfolg (Einigung) honoriert. Es bleibt daher bei dem allgemeinen Grundsatz, dass einmal verdiente Gebühren nicht wieder entfallen (§ 15 Abs. 4 RVG).