Rz. 116
Mit Einreichung des Zurückweisungsantrags ist die 1,6-Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 VV RVG angefallen. Hierfür reicht aus, dass der Rechtsanwalt einen Schriftsatz, der Sachanträge oder Sachvortrag enthält, eingereicht hat. Dies gilt auch dann, wenn der Schriftsatz keine Begründung des Zurückweisungsantrags enthält. Eine Reduzierung aufgrund der Rücknahme der Berufung kommt daher nicht in Betracht.
Die angefallene 1,6-Verfahrensgebühr ist jedoch nur dann zu erstatten, soweit sie nach § 91 ZPO zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung auch notwendig war. Ein Zurückweisungsantrag vor der Begründung des Rechtsmittels ist dabei regelmäßig nicht notwendig, da im Normalfall kein Anlass für den Rechtsmittelgegner besteht, mit der Vertretungsanzeige seines Verfahrensbevollmächtigten zugleich den Sachantrag auf Zurückweisung des Rechtsmittels zu stellen bzw. anzukündigen, und zwar unabhängig davon, ob das Rechtsmittel ausdrücklich nur zur Fristwahrung eingelegt wurde oder nicht. Weist aber beispielsweise das Gericht nach der Einlegung der Berufung, jedoch vor der Begründung auf seine vermutliche Unzuständigkeit hin, und beantragt der Berufungsbeklagte die Verwerfung des Rechtsmittels als unzulässig, gehört die hierdurch entstehende 1,6-fache Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 VV RVG auch dann zu den notwendigen Kosten der Rechtsverteidigung, wenn der Berufungskläger später das Rechtsmittel zurücknimmt, ohne es begründet zu haben.
Wird der Antrag auf Zurückweisung des Rechtsmittels zwar vor Zustellung der Rechtsmittelbegründung gestellt, das Rechtsmittel aber dann begründet, ist nach dem BGH eine 1,6-fache Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 VV RVG unabhängig davon erstattungsfähig, ob das Verfahren später durch Rücknahme, durch Sachentscheidung oder in sonstiger Weise beendet wird.
Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kann beispielsweise dann gelten, wenn das Berufungsgericht unter Bezugnahme auf § 522 Abs. 1 ZPO auf den verspäteten Eingang der Berufungsbegründung hinweist und es diesen Hinweis auch dem Berufungsbeklagten zur Kenntnis bringt, da dann der Berufungsbeklagte regelmäßig keine Veranlassung hat, innerhalb der mit dem Hinweis verbundenen Stellungnahmefrist kostenauslösende Maßnahmen zu ergreifen.
Die volle Verfahrensgebühr ist auch dann erstattungsfähig, wenn dem Berufungsbeklagten mit dem Hinweisbeschluss des Berufungsgerichts nach § 522 Abs. 2 ZPO eine Berufungserwiderungsfrist gesetzt wird und dieser nach Berufungsrücknahme eine Berufungserwiderung einreicht, wenn er sich bei der Einreichung in nicht vorwerfbarer Unkenntnis von der Rücknahme der Berufung befunden hat oder der Berufungskläger gegen den Hinweisbeschluss Einwände erhebt.
Für die Frage der Erstattungsfähigkeit kommt es demnach nicht auf die zeitliche Reihenfolge der jeweiligen Anträge an. Es wäre unnötige Förmelei, zu verlangen, nach Eingang der Rechtsmittelbegründung einen erneuten Zurückweisungsantrag zu stellen.
Zusammenfassend kann man daher bis auf wenige Ausnahmefälle nach gefestigter Rechtsprechung sagen:
Wurde ein Zurückweisungsantrag gestellt, kommt es bei der Frage der Erstattung der 1,6-Verfahrensgebühr unabhängig von der zeitlichen Abfolge darauf an, ob das Rechtsmittel noch begründet wird.