Dr. iur. Thilo Mahnhold, Dr. Claudia Schramm
Rz. 14
Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 4 NachwG sind Angaben zum Arbeitsort in eine Niederschrift der wesentlichen Vertragsbedingungen aufzunehmen. Das macht Regelungen zum Arbeitsort zum Standard eines Arbeitsvertrags:
I. Musterklausel
Rz. 15
Muster 3.3: Arbeitsort
Muster 3.3: Arbeitsort
(1) Der Arbeitnehmer wird ab _________________________ als _________________________ für den Betrieb in _________________________ als Arbeitsort eingestellt.
Alternativ:
Der Arbeitnehmer wird ab _________________________ als _________________________ für das Gebiet _________________________ eingestellt.
(2) Der Arbeitgeber behält sich vor, dem Arbeitnehmer gemäß § 106 GewO unter Wahrung seiner berechtigten Interessen einen anderen Arbeitsort und/oder andere zumutbare, gleichwertige und seinen Fähigkeiten entsprechende Tätigkeiten zuzuweisen.
Alternativ:
Der Arbeitgeber behält sich vor, dem Arbeitnehmer gemäß § 106 GewO unter Wahrung seiner berechtigten Interessen ein anderes Gebiet und/oder andere zumutbare, gleichwertige und seinen Fähigkeiten entsprechende Tätigkeiten zuzuweisen.
(3) Dienstreisen sind Teil der vertraglich geschuldeten Tätigkeit und können vom Arbeitgeber gemäß § 106 GewO unter Berücksichtigung der Interessen des Arbeitnehmers sowohl für das Inland als auch das weitweite Ausland angewiesen werden.
II. Grundlagen
Rz. 16
Gemäß § 106 GewO kann der Arbeitgeber den Ort der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen bestimmen. Regeln die Vertragsparteien den Ort der Arbeitsleistung im Arbeitsvertrag, wird dieses Weisungsrecht eingeschränkt und der Arbeitsort fixiert. Wird der Arbeitsort im Arbeitsvertrag festgeschrieben, können die Vertragsparteien mittels einer überörtlichen Versetzungsklausel das Weisungsrecht wieder eröffnen. Auf Grundlage der Rechtsprechung des BAG macht es keinen Unterschied, ob im Arbeitsvertrag auf die Festlegung des Arbeitsortes verzichtet wird und somit die Zuweisung dem Arbeitgeber gemäß § 106 GewO vorbehalten bleibt oder ob der Ort der Arbeitsleistung zunächst festgeschrieben, zugleich aber vereinbart wird, dass ein anderer Arbeitsort zugewiesen werden kann.
Das steckt den Rahmen für die Vertragsgestaltung ab: Wird ein Arbeitsort – so wie häufig – im Arbeitsvertrag vereinbart, bedarf es einer überörtlichen Versetzungsklausel. Insgesamt ist die Rechtsprechung zu derlei Versetzungsklauseln eher großzügig. So hat das BAG eine Klausel, wonach Arbeitsort "grundsätzlich Frankfurt a.M." sei und der Arbeitnehmer "vorübergehend oder auf Dauer _____ an einem anderen Ort" eingesetzt werden kann, genügen lassen, um das Weisungsrecht gemäß § 106 GewO wieder zu eröffnen. Alles Weitere, zum Beispiel, ob eine Versetzung an einen anderen Arbeitsort aufgrund der räumlichen Entfernung interessengerecht ist, entscheidet sich dann auf Ebene der bei Ausübung des Weisungsrechts gemäß § 106 GewO vorzunehmenden Billigkeitskontrolle. Der aus einer solchen Billigkeitskontrolle resultierenden Rechtsunsicherheit kann durch die Kombination einer Weisung gemäß § 106 GewO und einer vorsorglichen Änderungskündigung begegnet werden.
III. Hinweise zur Vertragsgestaltung
Rz. 17
Vereinbarungen über den Arbeitsort in Formulararbeitsverträgen erachtet das BAG als Hauptleistungsabrede, die gemäß § 307 Abs. 1 keiner Angemessenheitskontrolle unterliegt. Es ist lediglich eine Transparenzkontrolle vorzunehmen. Auf dieser Grundlage fordert das BAG in überörtlichen Versetzungsklauseln weder Ankündigungsfristen noch die Festlegung eines zulässigen Entfernungsradius. Eine solche Konkretisierungsverpflichtung werde – so das BAG – dem im Arbeitsrecht bestehenden "spezifischen Anpassungs- und Flexibilisierungsbedürfnis" – dokumentiert in § 106 GewO – nicht gerecht.
Rz. 18
Im Zusammenhang mit einer Entscheidung des BAG vom 13.4.2010 ist zu überlegen, ob überörtliche Versetzungsklauseln erkennen lassen müssen, dass berechtigte Interessen des Arbeitnehmers berücksichtigt werden müssen. Das würde die Versetzungsklausel materiell auf § 106 GewO abstimmen. Vor dem Hintergrund der Entscheidung des BAG vom 26.9.2012 dürfte das aber nicht notwendig sein. Ein solches Verständnis würde auch nicht dem Grundgedanken entsprechen, wonach lediglich erkennbar werden muss, dass wieder Raum für § 106 GewO besteht. Umgekehrt schadet es aber auch nicht, eine entsprechende Klarstellung auch auf überörtliche Versetzungsklauseln zu erstrecken. Dem folgt das obige Muster.
Rz. 19
Nr. 3 der Musterklausel stellt überdies noch klar, dass Dienstreisen zur Arbeitsleistung gehören und angewiesen werden können. Zwar können Dienstreisen auch ohne vertragliche Regelung gemäß § 106 GewO angewiesen werden. Gleichwohl bringt eine entsprechende Klarstellung aus Sicht des Arbeitgebers aber Vorteile mit sich. So wird deutlich, dass Dienstreisen i.d.R. keine Versetzung i.S.d. § 99 BetrVG sind und nicht der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen. Sie sind Teil der geschuldeten Tätigkeit.