Rz. 14
Das spezielle Diskriminierungsverbot des § 4 Abs. 1 S. 1 TzBfG steht unter dem Vorbehalt der sachlichen Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung. Das spezielle Gleichbehandlungsgebot des § 4 Abs. 1 S. 2 TzBfG enthält diesen Vorbehalt indes nicht. Allgemein wird zutreffend davon ausgegangen, dass § 4 Abs. 1 S. 2 TzBfG im Kontext des Satz 1 ein einheitliches, unter dem Vorbehalt der sachlichen Rechtfertigung stehendes Diskriminierungsverbot darstellt und folglich § 4 Abs. 1 S. 2 TzBfG kein absolutes Diskriminierungsverbot nur hinsichtlich teilbarer geldwerter Leistungen beinhaltet. Dies hat zur Konsequenz, dass eine Ungleichbehandlung auch bei teilbaren Entgeltleistungen zulässig ist, wenn ein sachlicher Grund hierfür vorliegt. Zweck dieser Bestimmung ist zu verdeutlichen, dass die Gleichbehandlung teilzeit- und vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer beim Arbeitsentgelt und anderen geldwerten Leistungen mindestens proportional zu erfolgen hat.
Rz. 15
"Sachliche Gründe" im Sinne des § 4 Abs. 1 TzBfG erfordern, dass die Ungleichbehandlung einem echten Bedarf entsprechen und zur Erreichung des verfolgten Ziels geeignet und erforderlich sein müssen. Eine unterschiedliche Behandlung von Teilzeitbeschäftigten kann daher nur gerechtfertigt sein, wenn sich ihr Grund aus dem Verhältnis von Leistungszweck und Umfang der Teilzeitarbeit herleiten lässt. Sachliche Gründe aufgrund der Art der (teilbaren) Leistung können daher vorliegen, wenn der Arbeitgeber mit der Leistungsgewährung Zwecke verbindet, die bei Teilzeitbeschäftigten im geringeren Umfang erfüllt werden. Sachgründe zur Differenzierung können zudem auf der Arbeitsleistung, Qualifikation, Berufserfahrung oder unterschiedlichen Anforderungen am Arbeitsplatz beruhen. Die Prüfung der sachlichen Rechtfertigung der unterschiedlichen Behandlung hat sich am Zweck der Leistung zu orientieren. Zu Differenzierungsfragen im Zusammenhang mit Corona-Prämien und Inflationsausgleichsprämien s. § 2 Rdn 33.
Rz. 16
Der Arbeitgeber darf durch die Entlohnung die Anpassungsfähigkeit des Arbeitnehmers an unterschiedliche Arbeitszeiten besonders vergüten, wenn er darlegt, dass die zeitliche Flexibilität für die Ausführung der dem Arbeitnehmer übertragenen spezifischen Aufgaben von Bedeutung ist. Geringfügig Beschäftigte, die in Bezug auf Umfang und Lage der Arbeitszeit keinen Weisungen des Arbeitgebers unterliegen, dürfen aber bei gleicher Qualifikation für die identische Tätigkeit keine geringere Stundenvergütung erhalten als vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer, die durch den Arbeitgeber verbindlich zur Arbeit eingeteilt werden.
Rz. 17
Eine Differenzierung kann sachlich gerechtfertigt sein, wenn eine Sonderzahlung an den Umfang der geleisteten Arbeit anknüpft. Knüpft eine Gratifikation dagegen ausschließlich an die Dauer der Beschäftigung an, wie z.B. eine Jubiläumszuwendung nach § 39 BAT bzw. das Jubiläumsgeld nach § 23 TVöD, so ist diese auch Teilzeitbeschäftigten in voller Höhe zu zahlen, was § 23 Abs. 2 S. 2 TVöD auch ausdrücklich so vorsieht. Die Aspekte der Betriebsbindung und der Betriebstreue greifen bei Teilzeit- wie bei Vollzeitbeschäftigten gleichermaßen und rechtfertigen daher regelmäßig keine Differenzierung.
Rz. 18
Wird ein monatlicher Zuschlag "zur Anerkennung der Unternehmenszugehörigkeit“" gewährt, so ist es nur zulässig, diesen Zuschlag zeitanteilig zu kürzen, wenn die Auslegung der tariflichen Normen ergibt, dass der Entgeltcharakter im Vordergrund steht und tatsächlich nicht die Unternehmenszugehörigkeit.
Rz. 19
Bei Gratifikationen mit Mischcharakter, die also sowohl erbrachte Leistungen als auch die Betriebstreue belohnen sollen, stellt die Rechtsprechung seit 2013 darauf ab, dass zumindest auch erbrachte Leistungen belohnt werden. Eine Sonderzahlung, die auch Gegenleistung für im gesamten Kalenderjahr laufend erbrachte Arbeit darstellt, kann danach in einem Arbeitsvertrag regelmäßig nicht vom Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem Stichtag abhängig gemacht werden. Abgestellt werden kann also nicht ausschließlich auf einen der Zwecke. Eine nur anteilige Gewährung solcher Leistungen an Teilzeitbeschäftigte ist daher grundsätzlich zulässig; allerdings wird man die verschiedenen Leistungszecke gewichten müssen und im Zweifel eine Zweckgewichtung von 50 % anzunehmen haben. Der auf den kürzungsfähigen Gratifikationszweck entfallene Anteil kann entsprechend dem Anteil der Arbeitszeit gegenüber einem Vollbeschäftigten gekürzt werden.
Rz. 20
Hinsichtlich unteilbarer Leistungen mit Entgeltcharakter gilt das allgemeine Diskriminierungsverbot des § 4 Abs. 1 S. 1 TzBfG. Ist eine Leistung nicht teilbar, kann der Ausschluss des Teilzeitbeschäftigten allerdings sachlich begründet sein.
Rz. 21
Beispiel
In dem großen Unternehmen P steht den Mitarbeitern ein Betriebskindergarten zur Verfügung. In diesem werden ausschließlich Hortplätze für eine Ganztagsbetreuung (von morgens um 7:00 Uhr bis 17:30 Uhr) vergeben. Nach der zugrunde liegenden Be...