Rz. 7

Bei einer Erledigung nach Rechtshängigkeit kommen grundsätzlich eine Klagerücknahme oder einer Erledigterklärung in Betracht, um auf den Wegfall des Klageanlasses zu reagieren.

 

Rz. 8

Nimmt der Kläger seine Klage nach Rechtshängigkeit zurück, sieht § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO als Regel vor, dass der Kläger verpflichtet ist, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind.

Die Kostentragung durch den Kläger, der seine Klage zurücknimmt, wird damit begründet, dass sich der Kläger in diesem Fall freiwillig in die Lage des Unterliegenden begeben habe und dies unabhängig von der materiellen Rechtslage.[16] Soweit nicht ein Ausnahmetatbestand des § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO ("soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind") greift, bleibt es bei dieser Rechtsfolge. Nach der Rechtsprechung des BGH erfasst die Ausnahmevorschrift des § 269 Abs. 3 S. 2 Hs. 2 ZPO nur diejenigen Fälle, in denen aus einem (anderen) prozessualen Grund eine Kostentragungspflicht des Beklagten abweichend von dem Veranlassungsprinzip des § 269 Abs. 3 S. 2 Hs. 1 ZPO gegeben ist (z.B. bei einem Vergleich,[17] Säumniskosten[18] oder nach der Regel des § 93d ZPO[19]). Materiell-rechtlich begründete Kostenerstattungsansprüche sollen von der Ausnahmeregelung nicht erfasst sein.[20]

 

Rz. 9

Der Kläger kann aber auch für den Fall, dass der Rechtsstreit sich in der Hauptsache nach Rechtshängigkeit erledigt, ohne Rücknahme der Klage von der Verfolgung des Klagezieles ablassen, indem er den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Für die Erledigterklärung besteht kein Anwaltszwang;[21] was auch dann gilt, wenn die Erledigterklärung in der mündlichen Verhandlung abgegeben wird.[22]

Schließt sich der Beklagte der Erledigterklärung an, hat das Gericht gemäß § 91a ZPO von Amts wegen nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden, vgl. Näheres unter Rdn 10 ff. Schließt sich der Beklagte der Erledigterklärung des Klägers nicht an, wird dessen Erklärung als auf Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits gerichtet gewertet;[23] die Kostenentscheidung hängt dann von der Begründetheit des ursprünglich verfolgten Klaganspruchs ab, vgl. Rdn 17.

Ein Rechtsverhältnis, das sich im Sinne des § 91a ZPO erledigen kann, ist aber erst gegeben, wenn durch Zustellung der Klage an den Beklagten gemäß § 265 ZPO die Rechtshängigkeit begründet worden ist.[24]

Eine übereinstimmende (anders bei einseitiger) Erledigterklärung kann noch nach Erlass des Urteils beim erstinstanzlichen Gericht bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist erfolgen.[25] Die Erledigterklärung ist grundsätzlich frei widerruflich, solange sich der Beklagte ihr nicht angeschlossen und das Gericht noch keine Entscheidung über die Erledigung der Hauptsache getroffen hat.[26] Bis zu diesem Zeitpunkt kann der Kläger regelmäßig – auch in der Revisionsinstanz – von der einseitig gebliebenen Erledigungserklärung Abstand nehmen und ohne das Vorliegen weiterer Voraussetzungen zu seinem ursprünglichen Klageantrag zurückkehren.[27]

Der Beschluss nach § 91a ZPO entfaltet keine materielle Rechtskraft, so dass eine erneute Klage mit demselben Streitgegenstand erhoben werden kann.[28]

[20] BGH NJW-RR 2005, 1662; im Einzelfall kann sich allerdings eine Analogie anbieten, z.B. bei einer mangelhaften oder verspäteten Drittschuldnererklärung, vgl. Saueressig, ZZP Bd. 119, 463.
[21] Vgl. z.B. BGH BeckRS 2012, 05393; BGH BeckRS 2011, 16126.
[22] Vgl. Zöller/Vollkommer, § 91a Rn 10; OLG Schleswig-Holstein MDR 1999, 252.
[24] BGH NJW 1982, 1598; BGH NJW 2003, 3134.
[25] BGH NJW 1995, 1095, 1096.
[28] BGH NJW 1991, 2280, 2281.

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