Rz. 69
Arbeitszeit i.S.d. ArbZG ist gem. § 2 Abs. 1 S. 1 1. Hs. ArbZG die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen. Dazu gehört der Zeitraum, innerhalb dessen der Arbeitnehmer tatsächlich für den Arbeitgeber arbeitet. Der Begriff umfasst aber auch Zeiten, während derer der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber zur Erfüllung der sich aus dem Arbeitsvertrag ergebenden Pflichten an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort zur Verfügung steht, er also dort die geschuldete Arbeitsleistung dem Arbeitgeber vertragsgemäß anbietet, dieser von der Arbeitsleistung jedoch keinen Gebrauch macht.
Rz. 70
Das ArbZG differenziert zwischen Arbeitszeit und arbeitsfreier Zeit. Zwischenkategorien ("Grauzonen") sind nach der gegenwärtigen Fassung des ArbZG nicht vorgesehen. Somit muss jedes Verhalten des Arbeitnehmers einer der beiden Grundformen zugeordnet werden.
Rz. 71
Die Abgrenzung kann im Einzelfall schwierig sein, da der Übergang fließend ist. Es gibt Zeiten, in denen der Arbeitnehmer zwar bestimmten arbeitsvertraglichen Beschränkungen unterliegt (z.B. hinsichtlich der Wahl des Aufenthaltsortes), er aber im Übrigen frei ist. Diese Zwischenformen werden üblicherweise in Arbeitsbereitschaft, Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft eingeteilt. Eine gesetzliche Definition fehlt jedoch.
Rz. 72
Hinweis
Eine objektiv als Arbeit zu klassifizierende Tätigkeit kann weder vertraglich noch durch eine Uminterpretation des geltenden Rechts zur "Nicht-Arbeit" erklärt werden, um auf diese Weise das Arbeitszeitrecht zu umgehen.
Rz. 73
Hinweis
Das Arbeitszeitrecht hat als öffentlich-rechtliches Schutzgesetz zwingenden Charakter. Abweichungen sind nur in den vom Gesetz vorgesehenen Fällen durch Tarifvertrag oder aufgrund eines Tarifvertrags durch Betriebsvereinbarung möglich (vgl. §§ 7, 12, 13, 14, 15 ArbZG).
Arbeitsvertraglich können die Regelungen des ArbZG nicht abbedungen werden. Auch kann der Arbeitnehmer auf den Arbeitsschutz nicht verzichten. Der Arbeitgeber muss die Einhaltung des ArbZG überwachen. Zahlreiche Verstöße sind bußgeldbewehrt (vgl. §§ 22, 23 ArbZG).
Rz. 74
Grundsätzlich wird je nach Intensität der Arbeitsleistung zwischen folgenden Arbeitsformen unterschieden:
Rz. 75
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Vollarbeit: Vollarbeit liegt dann vor, wenn der Arbeitnehmer in vollem Umfang für die Zwecke des Arbeitgebers eingesetzt wird, er also durch die Arbeit voll beansprucht wird. Zeiten der Vollarbeit sind in jedem Fall Arbeitszeit. |
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Arbeitsbereitschaft: Arbeitsbereitschaft ist die Zeit der wachen Achtsamkeit im Zustand der Entspannung. Die Arbeitsbereitschaft ist arbeitszeitrechtlich Arbeitszeit (vgl. § 7 Abs. 1 Nr. 1a ArbZG). |
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Bereitschaftsdienst: Bereitschaftsdienst ist die Zeitspanne, während derer der Arbeitnehmer, ohne dass er unmittelbar am Arbeitsplatz anwesend sein müsste, sich für Zwecke des Betriebs an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort, innerhalb oder außerhalb des Betriebs aufzuhalten hat, damit er erforderlichenfalls seine volle Arbeitstätigkeit sofort oder zeitnah aufnehmen kann. Der Bereitschaftsdienst ist als Arbeitszeit einzustufen. |
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Rufbereitschaft: Rufbereitschaft ist die Verpflichtung des Arbeitnehmers, für den Arbeitgeber jederzeit erreichbar zu sein, um auf Abruf die Arbeit alsbald aufnehmen zu können. Im Unterschied zum Bereitschaftsdienst muss sich der Arbeitnehmer nicht an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle aufhalten. Er muss lediglich jederzeit erreichbar sein, um auf Abruf die Arbeit alsbald aufnehmen zu können. Der Arbeitnehmer kann seinen Aufenthaltsort während der Rufbereitschaft selbst bestimmen. Erforderlich ist nur, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer jederzeit erreichen kann. Für diese jederzeitige Erreichbarkeit ist der Arbeitnehmer verantwortlich. Die Rufbereitschaft ist keine Arbeitszeit, sondern arbeitsfreie Zeit. Wird jedoch der Arbeitnehmer während der Rufbereitschaft zur Arbeitsleistung herangezogen, wird die Freizeit unterbrochen. Soweit der Arbeitnehmer tatsächlich arbeitet, d.h. Vollarbeit erbringt, liegt arbeitszeitrechtlich Arbeitszeit und vergütungsrechtlich arbeitsvertraglich erbrachte Arbeitsleistung vor, die vertragsgemäß zu vergüten ist. Die Höchstarbeitszeitgrenzen von § 3 ArbZG dürfen nicht überschritten werden. |