Rz. 32
BGH
Der Versicherer kann bei grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalles durch den Versicherungsnehmer in Ausnahmefällen die Leistung vollständig versagen (hier: Kürzung auf Null bei absoluter Fahruntüchtigkeit). Dazu bedarf es der Abwägung der Umstände des Einzelfalles.
§ 81 Abs. 2VVG steht einer vollständigen Leistungskürzung seitens des Versicherers in Einzelfällen nicht entgegen. Auch die Entstehungsgeschichte von § 81 Abs. 2 VVG belegt nicht, dass ein vollständiger Wegfall der Leistungspflicht in Einzelfällen nicht in Betracht käme. Vielmehr spricht umgekehrt die Gesetzessystematik dafür, dass der Gesetzgeber sich der Problematik bewusst war.
Rz. 33
BGH
Der Versicherer kann bei grob fahrlässiger Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit durch den Versicherungsnehmer in Ausnahmefällen die Leistung vollständig versagen (hier: Kürzung auf Null bei absoluter Fahruntüchtigkeit). Dazu bedarf es der Abwägung der Umstände des Einzelfalls. Fehlende Transparenz im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB der Klauseln in den AKB zu Obliegenheitsverletzungen liegt nicht vor. Dieser Bestimmung, die sich im Kern lediglich dem Gesetzeswortlaut anschließt, kann der durchschnittliche Versicherungsnehmer entnehmen, dass eine Leistungskürzung auf Null in Fällen grober Fahrlässigkeit nicht ausgeschlossen ist.
Rz. 34
KG
Wer ein Fahrzeug unter Alkoholeinfluss von mind. 1,98 ‰ führt und dabei mit einem Verkehrszeichen und einem Gebäude kollidiert, handelt grundsätzlich grob fahrlässig gem. § 81 Abs. 2 VVG. Die Leistungskürzung auf Null durch den Kaskoversicherer ist gerechtfertigt, wenn keine hinreichend entlastenden Umstände feststellbar sind. Der Nachweis eines die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustandes krankhafter Störung der Geistestätigkeit bei Fahrtantritt gem. § 827 S. 1 BGB obliegt dem Versicherungsnehmer. Behauptet er, sich die Kopfverletzungen (Platzwunde und Galeahämatom) nicht bei dem Unfall, sondern bereits vor Fahrtantritt durch einen Sturz auf den Boden oder einen Stein zugezogen zu haben, ohne hierfür Zeugen zu benennen, reicht es für den für eine Parteivernehmung gem. § 448 ZPO erforderlichen "Anbeweis" nicht aus, wenn ein forensisch-psychiatrischer Gutachter die spätere Schilderung des Versicherungsnehmers für möglich und plausibel hält mit der möglichen Folge, dass er in einen "geordneten anamnestischen Dämmerungszustand" verfallen sei. Es liegen unter diesen Umständen auch keine hinreichenden Anknüpfungstatsachen für die Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens vor.
Rz. 35
KG
Der Senat hält es mit der Intention des Gesetzes, das Maß der Kürzung an die Schwere des Verschuldens zu knüpfen, für nicht vereinbar, pauschal ab einer BAK von 1,1 ‰ die Leistung vollständig zu kürzen. Es sind vielmehr auch ab 1,1 ‰ alle objektiven und subjektiven Umstände des konkreten Einzelfalls zu berücksichtigen und zu gewichten. Bei einer BAK von 1,05 ‰ kann deshalb eine Kürzung der Entschädigungsquote auf 20 % angebracht sein.
Rz. 36
OLG Dresden
Hat der Versicherungsnehmer bei einem Unfallereignis eine BAK von mehr als 2 ‰, liegt ein besonderer Ausnahmefall vor, der eine Kürzung der Versicherungsleistung in der Kaskoversicherung "auf Null" rechtfertigt (amtl. LS.).
Rz. 37
OLG Dresden
Die Kürzung der Versicherungsleistung um 100 % kann berechtigt sein, wenn der Versicherungsnehmer einer Kfz-Vollkaskoversicherung das versicherte Kraftfahrzeug grob fahrlässig im Zustand der durch Alkoholgenuss herbeigeführten absoluten Fahruntüchtigkeit beschädigt hat. Der Senat ist der Auffassung, dass beim Führen eines Kfz im absolut fahruntüchtigen Zustand eine Kürzung um 100 % gerechtfertigt ist. Ein solcher Verkehrsverstoß gehört nach der ständigen Rechtsprechung des BGH zu den schwersten Verkehrsverstößen überhaupt. Es handelt sich um ein besonders gefahrträchtiges Verhalten. Grob fahrlässiges Handeln des Klägers sieht der Senat allerdings nicht darin, dass der Kl. keine hinreichenden Maßnahmen getroffen hat, sich selbst eine Fahrt im alkoholisierten Zustand unmöglich zu machen.
Rz. 38
LG Saarbrücken
Weicht ein Fahrzeugführer einem Fuchs aus und kommt es hierdurch zu einer Beschädigung des Kfz, kann die Leistung auf Null gekürzt werden, wenn der Fahrzeugführer mit 1,57 ‰ absolut fahruntüchtig war. In die Bewertung sind auch die Größe des Fahrzeugs (SUV) und das damit verbundene Risiko bei einer Kollision mit einzubeziehen. Kommen als alternative Geschehensabläufe nur die Unfallverursachung durch das Ausweichen vor einem Fuchs oder aufgrund des Fahrens im Zustand absoluter Fahruntüchtigkeit in Betracht und ist in beiden Fällen die Rechtsfolge eine Leistungsreduzierung auf Null, kann die tatsächliche Verursachung dahinstehen.
Rz. 39
OLG Saarbrücken
Ist der Versicherungsnehmer mit dem versicherten Fahrzeug nachts mit einer Blutalkoholkonzentration von mindestens 0,85 ‰ in der langgezogenen Linkskurve einer Autobahnüberleitung von der Fahrbahn abgekommen und gegen einen Baum geprallt, kann der ...