Rz. 92
OLG Düsseldorf
Ein Augenblicksversagen kann – muss aber nicht – vorliegen, wenn der Betroffene ein unübersichtliches Verkehrsgeschehen falsch gedeutet oder eine verwirrende Verkehrsregelung falsch verstanden hat.
Rz. 93
LG Münster
Zu den Verkehrseinrichtungen, die jeder Kraftfahrer mit besonderer Sorgfalt zu beachten hat, gehören die Verkehrssignalanlagen. Das Überfahren einer Kreuzung birgt hohe Gefahren, insbesondere wenn sie für einen Verkehrsteilnehmer durch rotes Ampellicht gesperrt ist. Deshalb sind auch besonders hohe Anforderungen an den Verkehrsteilnehmer zu stellen. Zwar gibt es keinen allgemeinen Grundsatz, nach der die Missachtung eines roten Ampellichts stets grob fahrlässig ist. Gleichwohl ist das Überfahren einer roten Ampel in aller Regel objektiv als grob fahrlässig zu bewerten. Wer bei Sonnenblendung in den Bereich der Kreuzung einfährt, wenn die Lichtzeichenanlage bereits mehrere Sekunden Rotlicht gezeigt hat, handelt objektiv und subjektiv grob fahrlässig. Hinsichtlich der Quotenbildung nach dem neuen AKB 2008 ist es sachgerecht, von einem Standardeinstiegswert abzusehen und die Bemessung der Quote nach den besonderen Umständen des Einzelfalls ohne starre Quoten vorzunehmen. Um ein großes Auseinanderklaffen etwaiger Entscheidungen zu verhindern, ist es aber sinnvoll, einzelne Quotenstufen mit 0 %, 25 %, 50 %, 75 % und 100 % festzulegen, innerhalb derer die Bemessung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach dem Grad des Verschuldens zu erfolgen hat. Eine Leistungskürzung auf 50 % ist in diesem Fall gerechtfertigt.
Rz. 94
LG Essen
Sind an einer Ampel zwei Geradeausspuren und eine eigene Rechtsabbiegerspur vorhanden und fährt der Fahrer eines an der rechten Geradeausspur anhaltenden Kfz bei rotem Signal über die Ampel, weil das Signal der Rechtsabbiegespur auf grün wechselte, das Signal der Geradeausspur aber noch rot leuchtete, handelt er grob fahrlässig. Dies gilt insbesondere dann, wenn das Lichtzeichen für Rechtsabbieger separat angeordnet und nicht direkt neben dem Lichtzeichen für die Geradeausfahrer angebracht ist. Unter diesen Umständen ist der Versicherer leistungsfrei.
Rz. 95
AG Duisburg
Begeht ein Versicherungsnehmer grob fahrlässig einen Rotlichtverstoß und kollidiert er mit einem von rechts kommenden Fahrzeug, kann eine Vollkaskoversicherung die Leistung um 50 % kürzen. In objektiver Hinsicht ist das Überfahren einer roten Verkehrsampel wegen der besonderen Gefahrenträchtigkeit ein schwerwiegender Verkehrsverstoß. Es gehört zu den wichtigsten Grundregeln des Straßenverkehrs, dass Lichtsignale von Verkehrsampeln strikt befolgt werden. Ampelanlagen werden grundsätzlich nur an besonders verkehrsreichen oder gefährlichen Kreuzungen, Einmündungen oder Engstellen aufgestellt. Sie dienen dem Zweck, einen geordneten Verkehrsablauf zu ermöglichen und damit auch dem Schutz der Verkehrsteilnehmer, die darauf vertrauen dürfen, dass Lichtsignale einer Verkehrsampel befolgt werden.
Rz. 96
AG Solingen
Ist streitig, ob ein Rotlichtverstoß begangen wurde, der zum Unfall führte, ist der Versicherer für ein höheres Verschulden als 50 % beweisbelastet. Zur Kürzung um mehr als 50 % ist eine sehr erhebliche, grobe Fahrlässigkeit erforderlich.