Rz. 1
In der Regel stellt sich die Unternehmensnachfolge nicht als eine von jetzt auf gleich zu treffende Entscheidung dar, die augenblicklich umgesetzt wird bzw. umgesetzt werden kann. Vielmehr ist die erfolgreiche Umsetzung meist das Ergebnis eines sich über einen längeren Zeitraum hinziehenden Prozesses. Nicht selten dauert dieser auch sehr viel länger als es allen Beteiligten lieb wäre. Das ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass der Unternehmer zwar einen gewissen Handlungsdruck zur Regelung seiner Nachfolgeangelegenheiten verspürt, daraus aber nicht die Konsequenz zieht, die Unternehmensnachfolge tatsächlich als unternehmerisches Projekt zu definieren und dieses mit demselben Nachdruck zu verfolgen, wie er dies bei rein auf die operative Geschäftstätigkeit oder die strategische Ausrichtung des Unternehmens bezogenen Angelegenheiten zu tun pflegt.
Rz. 2
Vor diesem Hintergrund empfiehlt es sich, möglichst frühzeitig mit dem Mandanten zu besprechen, welche Aufgaben im Rahmen der Planung, Regelung und Umsetzung der Unternehmensnachfolge abzuarbeiten sind, wer welche Informationen beizutragen bzw. Entscheidungen zu treffen hat und wer sinnvollerweise an diesem Prozess beteiligt bzw. in ihn eingebunden werden sollte. In diesem Zusammenhang ist es auch sinnvoll, die "Zeitschiene" zu besprechen und bei dieser Gelegenheit deutlich zu machen, dass bestimmte Schritte erst nach abschließender Erledigung verschiedener Vorarbeiten unternommen werden können und mitunter Entscheidungen des Mandanten voraussetzen. Solange diese nicht getroffen sind, kann auch der beste Berater nicht sinnvoll weiterarbeiten. Dem Mandanten sollte dabei bewusst werden, dass ihn selbst für das Gelingen des Projekts Unternehmensnachfolge eine erhebliche Verantwortung trifft und er diese auch nicht auf andere, z.B. auf seine Berater, abwälzen kann. Die letztendliche Entscheidung, wer das Unternehmen übernehmen soll und zu welchen Konditionen, trifft der Unternehmer selbst (im Idealfall nach vorheriger Abstimmung mit den übrigen Betroffenen), nicht aber der Berater. Auch für die zukünftige operative Führung des Betriebes wird kein Berater verantwortlich sein; dies ist Aufgabe des Nachfolgers bzw. der Nachfolgerin oder eines von den – aktuellen oder künftigen – Unternehmenseignern berufenen Fremdmanagements. Gerade dieser Aspekt sollte ungeachtet der immensen Bedeutung einer zivil- bzw. gesellschaftsrechtlich und steuerlich optimierten Gestaltung niemals vergessen werden.
Rz. 3
Aufgabe des Beraters ist es vor diesem Hintergrund insbesondere, Vorschläge für die Strukturierung eines sinnvollen Nachfolgeprozesses zu machen, die sorgfältige Abarbeitung und Umsetzung der einzelnen Schritte zu begleiten (und auch zu überwachen) und bei der Auswertung der zutage geförderten Informationen behilflich zu sein. Auf diese Weise hilft er, die Entscheidungen der Beteiligten vorzubereiten und dafür zu sorgen, dass nicht wesentliche Aspekte – bewusst oder unbewusst – vernachlässigt werden. Auf der Grundlage der Entscheidungen ist schließlich das rechtliche bzw. steuerrechtliche Nachfolgekonzept zu erarbeiten, mit den Beteiligten zu diskutieren und (von diesen) zu verabschieden, bevor die eigentliche Vertragsgestaltung beginnen kann. Mitunter sind vor der vertraglichen Fixierung der eigentlichen Nachfolge noch vorbereitende Maßnahmen erforderlich, etwa zur Umgestaltung/Umstrukturierung des Unternehmens oder von Teilen des Privatvermögens. Den letzten Akt bildet der Abschluss der die Nachfolge regelnden Verträge.
Grafisch lässt sich der Planungsprozess mit seinen einzelnen Schritten wie folgt darstellen:
Rz. 4
So wichtig die Vertragsunterzeichnung auch ist, die eigentliche Entscheidung über Erfolg oder Misserfolg der Unternehmensnachfolge steht zu diesem Zeitpunkt noch aus: Denn nur, wenn die Vereinbarungen auch von allen Beteiligten "gelebt werden", sich also der Senior tatsächlich aus dem Unternehmen zurückzieht (wenn dies so vereinbart ist) und die Nachfolgerin bzw. der Nachfolger die ihr bzw. ihm übertragene Verantwortung übernimmt und sich auch als dieser gewachsen erweist, kann das Unternehmen in eine erfolgversprechende Zukunft blicken. Und nur dann wird das "Projekt Unternehmensnachfolge" tatsächlich zum Erfolg.
Rz. 5
Hieran wird deutlich, dass die Beiträge, die Berater (welcher Fakultät auch immer) zur Unternehmensnachfolge beisteuern, im Grunde nur dazu dienen, den Weg zu ebnen, Stolpersteine beiseite zu räumen und an verschiedenen Abzweigungen sinnvolle Wegweiser aufzustellen. Den Weg gehen müssen aber Unternehmer, Nachfolger und übrige Beteiligte selbst.