Rz. 95

Der Erblasser kann vor seinem Tod unter gesetzlicher Betreuung gestanden haben (§§ 1896 ff. BGB), die mit dem Tod automatisch endet.

 

Rz. 96

Soweit zum Wirkungskreis des Betreuers auch die Regelung von Vermögensangelegenheiten des Erblassers gehört hat, erstattet der Betreuer gegenüber dem Betreuungsgericht einen Schlussbericht und die Schlussrechnungslegung und Vermögensverzeichnis zum Todestag. Dies ist Anknüpfungspunkt für das Nachlassverzeichnis und die Rechnungslegung des Nachlasspflegers.

 

Rz. 97

Der Nachlasspfleger kann nicht für die unbekannten Erben auf die Schlussrechnungslegung verzichten oder den Betreuer "entlasten". Denn es handelt sich um einen Verzicht auf eventuelle Haftungsansprüche gegen den Betreuer oder um eine Verfügung über ein Recht, wofür er in beiden Fällen die Genehmigung des Nachlassgerichts benötigt. Diese Genehmigung wird das Nachlassgericht aber nicht erteilen, weil dadurch die Prüfungstätigkeit vom Betreuungsgericht auf das Nachlassgericht verlagert würde.[119]

 

Rz. 98

Der Nachlasspfleger sollte die Betreuungsakte einsehen. Hieraus ergeben sich nämlich eventuell Hinweise für die Erbenermittlung, da die familiären Verhältnisse bei der Prüfung der Betreuungsbedürftigkeit regelmäßig abgefragt werden.

 

Rz. 99

Zum anderen findet der Nachlasspfleger aber auch die Vermögensverhältnisse wiedergegeben, wobei er nicht immer auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der Aufstellung des Betreuers vertrauen sollte. Insbesondere sollte er ermitteln, ob der Betreuer noch im Besitz von Nachlassgegenständen wie Schmuck, Briefmarkensammlungen etc. ist. Vorhandene versperrte Sparbücher sollte er beim Betreuer anfordern.

 

Rz. 100

Dem Nachlasspfleger obliegt auch die Prüfung von Schadensersatzansprüchen nach § 1833 BGB gegen den Betreuer, wenn durch dessen pflichtwidriges und schuldhaftes Verhalten[120] in seinem Aufgabenkreis ein Schaden entstanden ist. Typische Fehlerquellen des Betreuers liegen hier in der verspäteten Beantragung staatlicher Leistungen[121] wie Rente, Sozialhilfe, Pflegegeld oder Wohngeld oder dem sonstigen Verjährenlassen von Ansprüchen.[122] Haftungsansprüche gegen den Betreuer verjähren nach § 195 BGB in drei Jahren, beginnend mit dem Ende der Betreuung (Hemmung nach § 207 Nr. 4 BGB) unter Berücksichtigung der Ablaufhemmung in Nachlassfällen nach § 211 BGB.

 

Rz. 101

Der Betreuer wird die Festsetzung seiner Schlussvergütung beantragen (§§ 4, 5 VBVG). Die ansatzfähige Zeit endet mit dem Tod des Betreuten, im letzten Monate ist also nur eine zeitanteilige Vergütung nach Tagen angefallen. Die danach noch anfallenden gewöhnlichen Abwicklungstätigkeiten wie Schlussbericht, Rechnungslegung, Herausgabe des Nachlasses an den Nachlasspfleger etc. verlängert den vergütungsfähigen Zeitraum nicht.[123] In besonderen Einzelfällen kann der Betreuer, der in der Annahme der Fortdauer der Betreuung nach dem Tod des Betroffenen noch weitergehend tätig wird, in analoger Anwendung von § 6 S. 1 VBVG eine Entschädigung nach Stunden erhalten.[124] Dies gilt auch für Maßnahmen der Notgeschäftsführung im Sinne des § 1698b BGB (z.B. Reparatur eines Hauses nach einem Unwetterschaden, Zahlung von Risikoversicherungsprämien, Maßnahmen zur Beheizung von Immobilien) nach dem Tod des Betreuten.[125]

 

Rz. 102

Die Festsetzung der Vergütung erfolgt bei einem mittellosen Nachlass gegen die Staatskasse. Hier gilt auch im Fall unbekannter Erben die Haftungsbeschränkung des § 1836e BGB mit den entsprechenden Freibeträgen. Denn der Erbe haftet für die Betreuervergütung nur mit dem Wert des im Zeitpunkt des Erbfalls vorhandenen Nachlasses, § 1836e Abs. 1 S. 2 BGB. Maßgeblich ist danach das Aktivvermögen des Erblassers zum Zeitpunkt des Todes abzüglich der Nachlassverbindlichkeiten. Es ist zu beachten, dass auch den (unbekannten) Erben der Erbenfreibetrag nach § 1836e Abs. 1 S. 2 BGB i.V.m. § 102 Abs. 3 S. 1 i.V.m. § 85 Abs. 1 Nr. 1 und Anlage zu § 28 SGB XII verbleibt (Regelbedarf der Stufe 1 x 6), mithin aktuell 2.424 EUR.[126] Auf die Betreuervergütung ist damit nur der über dem Erbenfreibetrag vorhandene Nachlass zu zahlen. Das verbleibende Vermögen aus dem Erbenfreibetrag steht den (unbekannten) Erben zu, ggf. ist das Fiskuserbrecht festzustellen, siehe hierzu § 9 Rdn 24 ff.

 

Rz. 103

Beantragt der Betreuer die Festsetzung der Vergütung gegen die unbekannten Erben, gesetzlich vertreten durch den Nachlasspfleger, hat der Nachlasspfleger zunächst zu prüfen, ob nicht nach den vorgenannten Ausführungen ein mittelloser Nachlass vorliegt und dem Festsetzungsantrag insofern zu widersprechen wäre. Ggf. hat er Beschwerde gegen die Festsetzung einzulegen. Bei Zweifeln über die Mittellosigkeit des Nachlasses hat zunächst eine Festsetzung gegen die Staatskasse zu erfolgen.[127]

 

Rz. 104

Steht fest, dass der Nachlass vermögend ist, kann die Festsetzung gegen die unbekannten Erben erfolgen und die Zahlung kann als Nachlassverbindlichkeit aus dem Nachlass an den Betreuer erfolgen.

 

Rz. 105

Neben der Schlussvergütung des Betreuers kann sich a...

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