Isabel Hexel, Martina Hidalgo
Rz. 220
Die sofortige Beschwerde ist ein echtes Rechtsmittel, für das § 78 S. 1 ArbGG die Vorschriften der §§ 567–577 ZPO im arbeitsgerichtlichen Verfahren für anwendbar erklärt. Danach ist gegen Entscheidungen der Arbeitsgerichte oder ihrer Vorsitzenden bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 567 Abs. 1 ZPO die sofortige Beschwerde eröffnet. Über die Beschwerde entscheidet – wenn ihr das Arbeitsgericht nicht abhilft – das LAG. Sie ist statthaft, wenn dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder wenn es sich um eine Entscheidung handelt, die ohne mündliche Verhandlung ergehen kann und mit der ein das Verfahren betreffender Antrag einer Partei zurückgewiesen worden ist. Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, ist die sofortige Beschwerde nicht statthaft. Gegen Entscheidungen der LAG oder ihrer Vorsitzenden ist die sofortige Beschwerde nicht eröffnet; diese ist nur bei Zulassung als Rechtsbeschwerde möglich (§ 78 Abs. 2 ArbGG; Rdn 225 ff.)
Rz. 221
Die sofortige Beschwerde ist vorgesehen in § 71 Abs. 2 ZPO (Zwischenurteil über Nebenintervention), §§ 91a Abs. 2, 99 Abs. 2 ZPO (Kostenentscheidungen), §§ 104 Abs. 3, 107 Abs. 3 ZPO (Kostenfestsetzung), § 127 Abs. 2, 3 ZPO (Nichtbewilligung oder Aufhebung von Prozesskostenhilfe, Ablehnung der Beiordnung eines Rechtsanwalts, Auferlegung von Raten), § 135 Abs. 3 ZPO (Rückgabe von Urkunden unter Rechtsanwälten), § 252 ZPO (Aussetzung des Verfahrens), § 269 Abs. 5 ZPO (Wirkungen der Klagrücknahme), § 319 Abs. 3 ZPO (vorgenommene Urteilsberichtigung), § 336 Abs. 1 ZPO (Zurückweisung eines Antrags auf Erlass eines Versäumnisurteils), §§ 380 Abs. 3, 390 Abs. 3, 141 Abs. 3 S. 1 ZPO (Ordnungsmittel gegen nicht erschienene Zeugen, Sachverständige und Parteien), § 387 Abs. 3 ZPO (Zwischenurteil über die Rechtmäßigkeit einer Zeugnisverweigerung), § 406 Abs. 5 ZPO (Ablehnung eines Sachverständigen wegen Befangenheit), § 691 Abs. 3 ZPO (Zurückweisung des Mahnantrags), § 793 ZPO (Entscheidungen im Zwangsvollstreckungsverfahren, die ohne mündliche Verhandlung ergehen), § 934 Abs. 4 ZPO (Aufhebung des Arrestes), § 5 KSchG (nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage) und § 17a Abs. 4 S. 3 GVG (Zulässigkeit des Rechtswegs und der Verfahrensart).
Die Beschwerde setzt eine Beschwer des Beschwerdeführers voraus, die sich aus dem materiellen Inhalt der Entscheidung ergeben muss. Sie fehlt, wenn nur die Begründung der Entscheidung angefochten wird. Beschwerdeberechtigt ist zwar in erster Linie die Partei, die durch die gerichtliche Entscheidung einen Nachteil erleidet und damit beschwert ist. In Streitwert- oder Kostenverfahren kann aber auch der die Partei vertretene Rechtsanwalt beschwerdebefugt sein und im eigenen Interesse Beschwerde einlegen.
In Kostensachen (Kosten-, Gebühren- und Auslageentscheidungen) wird als besondere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Mindestbeschwerdesumme von 200 EUR vorausgesetzt, § 567 Abs. 2 S. 1 ZPO, die zum Zeitpunkt der Beschwerdeeinlegung bestehen muss. Maßgeblich ist die Differenz, um den sich der Beschwerdeführer verbessern will. Hilft das Arbeitsgericht einer Beschwerde teilweise ab, so dass danach die Beschwerdesumme von 200,01 EUR nicht mehr erreicht ist, wird die beim LAG anfallende Beschwerde unstatthaft. Wird mit der Beschwerde die Kostengrundentscheidung in den Fällen von § 91a Abs. 2 S. 2 ZPO und § 99 Abs. 2 S. 2 ZPO angefochten, ist die sofortige Beschwerde nur statthaft, wenn der Streitwert der Hauptsache 600 EUR übersteigt.
Eigenständige Verfahrensregelungen und ein teilweise gesondert geregeltes Beschwerderecht finden sich in den §§ 66–70 GKG, § 33 RVG, §§ 56, 59 RVG und § 4 Abs. 3 JVEG.
Keine Beschwerde ist gegeben, wenn die Entscheidung von Amts wegen zu treffen war oder im freien Ermessen des Gerichts stand. Das betrifft etwa die Terminsbestimmung oder die Hinzuziehung eines Dolmetschers.