Rz. 117

Für die negative Prognose ist vom Arbeitgeber darzulegen, weshalb auch zukünftig von einer fehlenden oder beeinträchtigten Eignung oder Fähigkeit des Arbeitnehmers zur Erbringung seiner Arbeitsleistung auszugehen ist. Es ist erforderlich, dass der Arbeitgeber substantiiert darlegt, welche Störungen aufgetreten sind und mit welchen Störungen in Zukunft zu rechnen ist.[270]

 

Rz. 118

Bei krankheitsbedingten Kündigungen kennt der Arbeitgeber häufig die Ursache der Erkrankung und daher auch die zu erwartenden Auswirkungen nicht, weil der Arbeitnehmer ihm außer der Vorlage der ärztlichen Atteste keine Auskünfte erteilt.[271] In diesem Fall genügt der Arbeitgeber seiner Darlegungslast, wenn er die in der Vergangenheit angefallenen Fehlzeiten darlegt und behauptet, hieraus ergebe sich eine negative Prognose für die Zukunft.[272] Bei häufigen Kurzerkrankungen sind hierfür vom Arbeitgeber die Krankheitsperioden konkret darzulegen.[273] Die Indizwirkung der dargelegten Fehlzeiten setzt einen hinreichend prognosefähigen Zeitraum voraus. Das Bundesarbeitsgericht kennt hierfür keine festen Zeiträume.[274] In der Literatur werden Zeiträume von weniger als zwei Jahren regelmäßig als nicht hinreichend prognosefähig angesehen.[275]

Hat der Arbeitgeber die Fehlzeiten in der Vergangenheit ordnungsgemäß dargelegt und sich auf eine Indizwirkung für die Zukunft berufen, so ist es Sache des Arbeitnehmers, die Indizwirkung zu erschüttern.[276] Dies kann beispielsweise dadurch geschehen, dass der Arbeitnehmer zu den Krankheitsursachen und dem Heilungsverlauf vorträgt.[277] Seiner prozessualen Mitwirkungspflicht genügt der Arbeitnehmer allerdings auch, wenn er die Behauptung des Arbeitgebers bestreitet und die behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht entbindet, soweit darin die Behauptung liegt, die Ärzte hätten seine künftige gesundheitliche Entwicklung ihm gegenüber positiv beurteilt.[278] Auf ein solches Vorbringen muss der für die negative Gesundheitsprognose beweispflichtige Arbeitgeber den behandelnden Arzt als Zeugen benennen oder die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragen.[279]

[270] ErfK/Oetker, § 1 KSchG Rn 105.
[271] Es gibt keine außerprozessuale Pflicht des Arbeitnehmers, dem Arbeitgeber Auskünfte über Art und Verlauf seiner Krankheit zu erteilen (BAG 25.11.1982 – 2 AZR 140/81, AP Nr. 7 zu § 1 KSchG 1969 Krankheit).
[272] BAG 10.11.2005 – 2 AZR 44/05 AP Nr. 42 zu § 1 KSchG 1969 Krankheit; BAG 6.9.1989 – 2 AZR 19/89, NZA 1990, 360; Linck/Krause/Bayreuther, § 1 KSchG Rn 359; ErfK/Oetker, § 1 KSchG Rn 179.
[273] KR/Griebeling/Rachor, § 1 KSchG Rn 329.
[274] BAG 10.11.2005 – 2 AZR 44/05, AP Nr. 42 zu § 1 KSchG 1969 Krankheit.
[275] KR/Griebeling/Rachor, § 1 KSchG Rn 330.
[276] KR/Griebeling/Rachor, § 1 KSchG Rn 333.
[277] Trägt der Arbeitnehmer konkrete Umstände wie die Krankheitsursachen vor, so müssen diese geeignet sein, die Indizwirkung der bisherigen Fehlzeiten zu erschüttern; er muss jedoch nicht den Gegenbeweis führen, dass nicht mit weiteren künftigen Erkrankungen zu rechnen sei (BAG 6.9.1989 – 2 AZR 19/89, NZA 1990, 307).
[278] BAG 7.11.2002 – 2 AZR 599/01, AP Nr. 40 zu § 1 KSchG 1969 Krankheit; KR/Griebeling/Rachor, § 1 KSchG Rn 333.
[279] BAG 10.11.2005 – 2 AZR 44/05, AP Nr. 42 zu § 1 KSchG 1969 Krankheit.

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