Chr. Hendrik Scholz, Dr. Tina Witten
Rz. 308
Neben der Erforderlichkeit ist bei Schulungsmaßnahmen auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Das bedeutet, dass auch die Anzahl der zu der Schulung zu entsendenden Mitglieder als auch die Dauer sowie die Kosten der Schulung an sich verhältnismäßig sein müssen. Eine bloße Nützlichkeit oder Zweckmäßigkeit genügt nicht.
Rz. 309
In Bezug auf die Frage der Zahl der zu entsendenden Betriebsratsmitglieder ist zu beachten, dass vor allem bei größeren Betriebsräten im Hinblick auf die dort unumgängliche Geschäftsverteilung nicht alle Betriebsratsmitglieder gleichmäßig geschult zu werden brauchen. Während Grundkenntnisse im Betriebsverfassungsrecht, im allgemeinen Arbeitsrecht sowie im Bereich der Arbeitssicherheit und der Unfallverhütung regelmäßig für sämtliche Betriebsratsmitglieder als erforderlich angesehen werden, genügt es bei der Vermittlung von Spezialkenntnissen in der Regel, dass nur diejenigen Betriebsratsmitglieder geschult werden, denen die Wahrnehmung dieser Aufgaben im Rahmen des Kollektivorgans "Betriebsrat" obliegt.
Rz. 310
Auch die mögliche Dauer einer Schulung ergibt sich stets aus den konkreten betrieblichen Umständen im Einzelfall. Dabei ist auf den Wissensstand der zu schulenden Betriebsratsmitglieder, den Umfang der zu erwerbenden Kenntnisse und die Schwierigkeit des Schulungsinhalts abzustellen. Für die Vermittlung von Grundkenntnissen werden üblicherweise bis zu einwöchige, bei Spezialschulungen auch bis zu 14 Tage dauernde Schulungen als verhältnismäßig angesehen.
Rz. 311
Auch die Kosten der Schulungsmaßnahme hat der Betriebsrat auf das notwendige Maß zu beschränken und nach pflichtgemäßem Ermessen zu prüfen, ob die zu erwartenden Schulungskosten mit der Größe und Leistungsfähigkeit des Betriebes zu vereinbaren sind. Der Betriebsrat ist allerdings nicht gehalten, anhand einer umfassenden Marktanalyse den günstigsten Anbieter zu ermitteln und ohne Rücksicht auf andere Erwägungen auszuwählen. Seine Auswahlentscheidung kann er daher bei vergleichbaren Seminarinhalten auch von dem Veranstalter selbst abhängig machen. Bei gleichartigen und gleichwertigen Schulungsmaßnahmen ist regelmäßig nur die kostengünstigste verhältnismäßig. Dabei ist es für den Anspruch nach § 37 Abs. 6 BetrVG grundsätzlich unerheblich, wer Träger der Schulungsmaßnahme ist. Als Veranstalter kommen daher neben den Gewerkschaften auch Arbeitgeberverbände, Arbeiter- und Angestelltenkammern, Berufsgenossenschaften, rechtlich selbstständige Bildungseinrichtungen, Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien, Volkshochschulen und kirchliche Einrichtungen in Betracht. Führen jedoch Gewerkschaften oder gewerkschaftsnahe Träger die Schulungsmaßnahme durch, ist die Kostenerstattungspflicht des Arbeitgebers durch den koalitionsrechtlichen Grundsatz eingeschränkt, dass die Gewerkschaft aus der Schulungsveranstaltung zumindest keinen Gewinn erzielen darf. Der Betriebsrat hat die Schulungskosten daher im Einzelnen nachzuweisen und abzurechnen. Der Arbeitgeber braucht in diesem Fall nur die tatsächlichen Kosten zu tragen, die der Gewerkschaft durch die konkrete Schulung entstehen.