Entscheidungsstichwort (Thema)
Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung. Schulungskosten. Erforderlichkeit der Schulung in der Gesprächs- und Verhandlungsführung. aktueller Schulungsbedarf. Vorkenntnisse und Erfahrungswissen des zu schulenden Betriebsratsmitglieds
Leitsatz (redaktionell)
1. Beteiligter an einem Beschlussverfahren ist, wer von der zu erwartenden Entscheidung in einem betriebsverfassungsrechtlichen Recht oder Rechtsverhältnis unmittelbar betroffen wird. Die einzelnen Betriebsratsmitglieder, die an einer Schulungsmaßnahme teilnehmen, sind grundsätzlich aus abgeleitetem Recht beteiligungsbefugt, selbst wenn der Betriebsrat von seinem Recht Gebrauch macht, den Arbeitgeber auf Kostenerstattung an das einzelne Betriebsratsmitglied in Anspruch zu nehmen.
2. Die Teilnahme von Betriebsratsmitgliedern an einer Schulungsveranstaltung nach § 37 Abs. 6 BetrVG gehört grundsätzlich zur Tätigkeit des Betriebsrats im Sinne des § 40 Abs. 1 BetrVG. Die dadurch entstehenden Schulungskosten sind daher als Kosten der Betriebsratstätigkeit anzusehen.
3. Die Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Schulungsveranstaltungen ist für die Betriebsratsarbeit erforderlich, wenn der Betriebsrat sie unter Berücksichtigung der konkreten betrieblichen Situation benötigt, um seine derzeitigen oder demnächst anfallenden Arbeiten sachgerecht wahrnehmen zu können.
4. Die Vermittlung von Grundkenntnissen des allgemeinen Arbeitsrechts ist stets und ohne einen aktualitätsbezogenen Anlass, als eine erforderliche Kenntnisvermittlung i.S.v. § 37 Abs. 6 BetrVG anzusehen.
5. Schulungsveranstaltungen über Kommunikation und / oder über Gesprächs- und Verhandlungsführung können im Einzellfall für die tägliche Betriebsratsarbeit erforderlich sein.
Normenkette
BetrVG § 37 Abs. 6, § 40 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Hagen (Westfalen) (Beschluss vom 12.11.2008; Aktenzeichen 3 BV 130/08) |
Tenor
Die Beschwerde des Betriebsrats und der Beteiligten zu 3. gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Hagen vom 12.11.2008 – 3 BV 130/08 – wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
A
Die Beteiligten streiten über die Kosten für die Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung.
Der Arbeitgeber betreibt in H1 ein Krankenhaus. Bei ihm ist ein Betriebsrat, der Antragsteller des vorliegenden Verfahrens gebildet, der aus 15 Personen besteht.
Die Beteiligte zu 3. ist seit 1995 im Betrieb des Arbeitgebers beschäftigt, zunächst im Bereich der Pforte, zwischenzeitlich im EKG und EEG sowie zuletzt als Sekretärin des Betriebsrats. Seit 1998 gehört sie dem Betriebsrat an, seit 2001 ist sie durchgehend Betriebsratsvorsitzende.
Als Betriebsratsvorsitzende war die Beteiligte zu 3. unter anderem an Verhandlungen des Betriebsrats mit dem Arbeitgeber über einen umfangreichen Interessenausgleich und Sozialplan beteiligt, der im Jahre 2005 abgeschlossen wurde. Auf Landesebene ist die Beteiligte zu 3. bei der Gewerkschaft ver.di als Vorsitzende der Fachkommission Krankenhäuser und Kliniken NRW und als Vorstandsmitglied der Bundesfachgruppe Krankenhäuser aktiv tätig. In diesem Zusammenhang leitet sie regelmäßig ver.di-Konferenzen, in denen sie durch das Programm führt und Diskussionsrunden moderiert. Sie ist auch mit einem gesprochenen Wortbeitrag auf der Internetseite der Gewerkschaft vertreten. Sie kommuniziert regelmäßig mit der lokalen Presse und gibt Interviews und Statements. Insoweit wird auf die Anlagen zum Schriftsatz des Arbeitgebers vom 22.10.2008 (Bl. 184 ff. d.A.) Bezug genommen.
Die Beteiligte zu 3. gestaltet Sprechstunden mit Arbeitnehmern, in denen sie vor einer Vielzahl von Arbeitnehmern frei redet, sie erteilt regelmäßig Beratungen in arbeitsrechtlichen Fragen, betreibt Öffentlichkeitsarbeit und tritt als Vermittlerin in Konfliktgesprächen auf.
Am 17.06.2008 beschloss der Betriebsrat, die Beteiligte zu 3., die bislang an keiner Veranstaltung zur Rhetorik-Schulung teilgenommen hatte, zu dem Seminar „Die Macht des Wortes”, veranstaltet vom DGB-Bildungswerk NRW e.V., in H5-B5 M2 in der Zeit vom 27.08.2008 bis zum 29.08.2008 zu entsenden. Zuvor hatte die Beteiligte zu 3. bei ihrem Arbeitgeber vergeblich zur Teilnahme an diesem Seminar um Bildungsurlaub nachgesucht. Hinsichtlich des Seminarinhalts wird auf die Ausschreibungsunterlagen (Bl. 26 f.d.A.) Bezug genommen. Das Seminar sollte insbesondere Kompetenzen vermitteln, „spontan sicher zu formulieren, die persönliche Ausstrahlung zur Geltung kommen zu lassen, schlüssig zu argumentieren und mit Einwendungen und Störungen umzugehen”. Als Themen waren vorgesehen: Schlagfertigkeit im Gespräch, spontane Beiträge auf den Punkt bringen, die Förderung der persönlichen Ausstrahlung, Nutzen von Technik und Hilfsmitteln, Übung an Beispielen aus der Praxis.
Mit Schreiben vom 19.06.2008 (Bl. 33 d.A.) informierte der Betriebsrat den Arbeitgeber über die beschlossene Teilnahme der Beteiligten zu 3. an dem oben genannten Seminar und teilte dem Arbeitgeber auch die voraussichtlich anfallenden Kosten mit.
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