Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen
Entscheidungsstichwort (Thema)
Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung. Schulungskosten. Erforderlichkeit der Schulung in der Gesprächs- und Verhandlungsführung. aktueller Schulungsbedarf. Kostenaufschlüsselung. Anrechnung einer Haushaltsersparnis
Leitsatz (amtlich)
Betriebsratsmitglieder müssen sich auf ihren Anspruch auf Freistellung von anlässlich einer Schulung entstandenen Verpflegungskosten nach §§ 37 Abs. 6, 40 Abs. 1 BetrVG eine Haushaltsersparnis anrechnen lassen.
Dabei kann jedoch nicht pauschal ein Abzug von 20 % der Verpflegungsaufwendungen nach den früher geltenden Lohnsteuerrichtlinien vorgenommen werden, die Anrechnung richtet sich vielmehr nach der Sachbezugsverordnung in der jeweils gültigen Fassung.
Normenkette
BetrVG § 37 Abs. 6, § 40 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Hamm (Beschluss vom 10.02.2005; Aktenzeichen 4 BV 49/04) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Hamm vom 10.02.2005 – 4 BV 49/04 – teilweise abgeändert.
Der Arbeitgeber wird verpflichtet, die Beteiligte zu 3. von den Kosten für die Teilnahme an dem Seminar „Erfolgreich argumentieren und verhandeln” vom 10. bis 14.05.2004 gemäß den Rechnungen der ver.di b + b Bildung + Beratung Gemeinnützige GmbH vom 20.04.2004 in Höhe von 963,00 EUR und der Kur- und Sporthotel Freund GmbH vom 24.05.2004 in Höhe von 366,52 EUR freizustellen.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Tatbestand
A
Die Beteiligten streiten über die Kosten für die Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung.
Der Arbeitgeber betreibt bundesweit Drogeriemärkte. Die einzelnen Filialen sind organisatorisch bestimmten Bezirken zugeordnet. Dem Verkaufsbezirk H1xx/A2xxx gehören etwa 46 Verkaufsstellen an, in denen ca. 170 Mitarbeiter beschäftigt sind.
Im Betrieb in H1xx ist ein siebenköpfiger Betriebsrat, der Antragsteller des vorliegenden Verfahrens, gewählt.
Die Beteiligte zu 3. ist seit dem 21.07.1995 im Betrieb des Arbeitgebers als ausgebildete Verkäuferin/Verkaufsstellenverwalterin tätig. Seit Mai 1997 gehört sie dem Betriebsrat an und ist seit November 2001 stellvertretende Betriebsratsvorsitzende.
Regelmäßig vertritt die Beteiligte zu 3. die Betriebsratsvorsitzende, die beim Arbeitgeber mit 20 Wochenstunden teilzeitbeschäftigt ist, aufgrund von Urlaub, Teilnahme an Gesamtbetriebsratsveranstaltungen sowie Regionalversammlungen, Betriebsrätekonferenzen, Seminaren und Sitzungen der Tarifkommission für die Dauer von ca. 12 Wochen im Jahr. Bedingt durch Kur und krankheitsbedingtere weitere Abwesenheitszeiten betrug die Vertretungsdauer im Jahre 2004 ca. 20 Wochen.
In der Vergangenheit hat die Beteiligte zu 3. an folgenden Schulungsveranstaltungen teilgenommen:
„25.05. bis 29.05.1998: Betriebsverfassung I
09.09.1999: Arbeitsstättenverordnung
20.09. bis 24.09.1999: Arbeitsrecht I
29.11. bis 03.12.1999: Betriebsverfassung aktuell
16.10.2000: Wie entsteht ein Protokoll
Arbeitsrecht I
12.02. bis 16.02.1001: Betriebsverfassung II
18.06. bis 20.06.2001: Mobbing am Arbeitsplatz
21.01. bis 25.01.2002: Betriebsverfassung II
28.10. bis 30.10.2002: Betriebsversammlungen vorbereiten
und durchführen
29.09. bis 01.10.2003: Arbeit im Handel gesünder machen
09.02. bis 10.02.2004: Tarifvertragsrecht
03.03. bis 05.03.2004 Wenn zwei und mehr sich streiten
17.03.2004: Die Reform des Kündigungsschutzrechts.”
Auf das Seminarprogramm der Veranstaltung vom 28.10. bis 30.10.2002 „Betriebsversammlungen vorbereiten und durchführen” (Bl. 135 d.A.) sowie das Seminarprogramm der Veranstaltung vom 03.03. bis 05.03.2004 „Wenn zwei und mehr sich streiten” (Bl. 136 d.A.) wird Bezug genommen.
In seiner Sitzung vom 28.04.2004 beschloss der Betriebsrat, die Beteiligte zu 3. zu dem von der Gewerkschaft ver.di veranstalteten Seminar „Erfolgreich argumentieren und verhandeln” in der Zeit vom 10.05.2004 bis zum 14.05.2004 in Oberorke-Vöhl zu entsenden. Ob der Beschluss des Betriebsrats vom 28.04.2004 ordnungsgemäß zustande gekommen ist (Bl. 36 ff.d.A.), war erstinstanzlich zwischen den Beteiligten streitig.
Hinsichtlich des Seminarprogramms vom 10. bis 14.05.2004 wird auf den Seminarplan (Bl. 12 d.A.) Bezug genommen.
Trotz der Ablehnung des Arbeitgebers nahm die Beteiligte zu 3. in der Zeit vom 10. bis 14.05.2004 an dem in Oberorke-Vöhl stattfindenden Seminar teil.
Der Seminarveranstalter ver.di b + b Bildung und Beratung Gemeinnützige GmbH übersandte der Klägerin am 20.04.2004 eine Rechnung über Seminargebühren in Höhe von insgesamt 963,00 EUR (Bl. 10 d.A.). Die Übernachtungs- und Verpflegungskosten betrugen nach der Rechnung der Firma Kur- und Sporthotel Freund GmbH vom 24.05.2004 insgesamt 395,50 EUR (Bl. 11 d.A.).
Der Arbeitgeber lehnte eine Begleichung der Rechnungen vom 20.04.2004 und 24.05.2004 ab. Die Firma Kur- und Sporthotel Freund GmbH trat daraufhin ihren Anspruch gegen die Beteiligte zu 3. an die ver.di b + b Bildung und Beratung Gemeinnützige GmbH ab.
Am 18.08.2004 beschloss der Betriebsrat daraufhin, dass vorliegende Verfahren einzuleiten (Bl. 38 f.d.A...