Rz. 399
Zwischen Nutzern und Urhebern besteht insofern ein Spannungsverhältnis, als der Urheber ein Interesse an der optimalen Verwertung seiner Werke hat, der Veranstalter aber (als Mittler zu den Nutzern) nicht jede Erlaubnis zur Aufführung einzeln abrufen kann. In der Masse der Veranstaltungen wird es um die Wahrnehmung kleiner Rechte gehen, die von der GEMA verwaltet werden. Die zahlreichen Streitfälle zwischen Veranstaltern und GEMA haben zu einer Flut von höchstrichterlichen Entscheidungen geführt, die manchmal die bestehenden gesetzlichen Regelungen in den Hintergrund drängen. § 34 Abs. 1 VGG stellt zunächst klar, dass die Verwertungsgesellschaften verpflichtet sind, zu angemessenen Bedingungen mit Nutzern, hier also den Veranstaltern, Nutzungsverträge abzuschließen.
Die Angemessenheit bezieht sich nicht nur auf die Vergütungshöhe, sondern auch auf die Bedingungen der Rechtseinräumung. Der EuGH hat entschieden, dass die durch die Verwertungsgesellschaft VG Bild-Kunst vertretenen Urheber zu Recht verlangen können, deren Werke in die von der Stiftung Preußischer Kulturbesitz getragene Deutsche Digitale Bibliothek (DBB) einzustellen und mit technischen Schutzmaßnahmen zu versehen. Diese Verpflichtung durch die Urheber ist deshalb "angemessen" i.S.d. § 34 VGG, weil die Künstler die mit Schutzmaßnahmen versehen Kunstwerke nur einem begrenzten Nutzerkreis zuführen wollen. Denn durch diese Schutzmaßnahmen ist eine Verlinkung auf die Webseite möglicher Nutzer der DBB nicht mehr möglich und eine Umgehung dieser Maßnahmen als öffentliche Zugänglichmachung anzusehen.
Was bezogen auf die Tarifhöhe "angemessen" ist, ist nicht eindeutig geklärt. Maßstab sind aber die von den Verwertungsgesellschaften aufzustellenden Tarife gem. § 38 VGG, deren Kriterien ("Tarifgestaltung") sich aus § 39 VGG ergeben. Berechnungsgrundlage sind die "geldwerten Vorteile", die durch die Verwertung erzielt werden. Ausnahmsweise können auch "ideelle Vorteile" herangezogen werden (§ 39 Abs. 1 S. 2 VGG), etwa bei der Nutzung von Werken im Rahmen eines Gottesdienstes. Die Tarife haben die Relation der Werknutzung zum Gesamtumfang der Nutzung und zu erbrachten Leistungen zu berücksichtigen (§ 39 Abs. 2 VGG). Weiterhin ist auch Rücksicht auf religiöse, kulturelle und soziale Belange zu nehmen (§ 39 Abs. 3 VGG). Die Verwertungsgesellschaften haben die Nutzer nicht nur über den "Endpreis", sondern auch über die Kriterien der jeweiligen Tarife zu informieren (§ 39 Abs. 4 VGG).
Rz. 400
Die §§ 41–43 VGG (Vorgängerregelungen: §§ 13, 13b und 13c UrhWahrnG) sind besondere Anspruchsgrundlagen der Verwertungsgesellschaften gegenüber den Veranstaltern, indem dort zunächst die Auskunftspflicht der Nutzer (§ 8 VGG) geregelt ist (§ 41 Abs. 1 S. 1 VGG). Ausnahmen bestehen dann, wenn die Erteilung der Auskünfte nur mit einem unangemessen hohen Aufwand möglich wäre, was etwa dann der Fall ist, wenn dem Nutzer die Auskünfte nicht zur Verfügung stehen bzw. er sich diese nur mit großem Aufwand beschaffen kann, wobei die Situation kleiner und mittlerer Unternehmen zu berücksichtigen ist (§ 41 Abs. 1 S. 2 VGG).
§ 41 Abs. 2 VGG verweist auf die Möglichkeit (im Sinne einer Aufforderung) der Verwertungsgesellschaften, mit dem Nutzer in den Nutzungsverträgen angemessene Regelungen über die Erteilung der Auskunft zu treffen. Dabei sind branchenübliche Standards zu berücksichtigen, z.B. die elektronische Übermittlung (§ 41 Abs. 3 VGG).
Rz. 401
Die Pflicht zur Einwilligung ist nicht zu verwechseln mit der Anzeigepflicht. Es genügt also nicht, die zuständige Verwertungsgesellschaft zu informieren; vielmehr muss die Meldung durch den Veranstalter vorab erfolgen (insofern ist die Formulierung "Meldepflicht des Nutzers" missverständlich) und Angaben über die Art der Veranstaltung, die Größe des Veranstaltungsraums oder die Höhe der Eintrittsgelder beinhalten (§ 42 Abs. 1 VGG).
Nicht notwendig ist (vorab) die Angabe über die tatsächlich benutzten Werke.
Rz. 402
Veranstalter i.S.d. § 42 VGG ist, wer die Veranstaltung "anordnet" und diese organisatorisch und finanziell verantwortet. Dafür spricht der maßgebliche Einfluss auf Auswahl der tätigen Künstler und die vorgetragenen Kompositionen.
Rz. 403
Ausnahmen von der "Programmpflicht" ergeben sich gem. § 42 Abs. 2 S. 2 VGG für
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die Wiedergabe eines Werkes mittels Tonträger (Nr. 1), |
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die Wiedergabe von Funksendungen eines Werkes (Nr. 2) sowie |
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Veranstaltungen, auf denen in der Regel nicht geschützte oder nur unwesentlich bearbeitete, nicht geschützte Werke der Musik aufgeführt werden (Nr. 3). |
Schon die Vorgängerregelung zu § 43 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 VGG, namentlich § 13b Abs. 2 S. 2 UrhWG, wurde kritisiert, weil ohne erkennbaren Grund eine Programmpflicht für Veranstaltungen ausgeschossen wurde, in denen lediglich "in der Regel" urheberrechtlich nicht geschützt Werke wiedergegeben werden.
Im Hinblick auf öffentliche Wiedergaben von Funksendungen kann die Verwertungsgesellschaft gegen "Unkostenerstattung" Aus...