Rz. 191
Flankiert wird der gesetzliche Vergütungsanspruch durch – zunächst im Jahre 2016, dann durch die Urheberrechtsreform in 2021 (in Umsetzung von Art. 19 DSM-RL) – den neuen Auskunftsanspruch (§§ 32d und 32e UrhG). Durch die Urheberrechtsreform wurde die Übergangsregelung des § 133 UrhG, die im Jahre 1971 aufgehoben worden war, wieder aktiviert. Es gilt die Grundregel des § 133 Abs. 1UrhG, dass sämtliche urheberverträglichen Änderungen in Umsetzung der DSM-RL ab dem 1.3.2017 zum Tragen kommen. Die Änderungen zu den Auskunftspflichten (Transparenzpflichten) sind unabhängig vom Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu berücksichtigen, wobei eine Übergangsfrist bis zum 7.6.2022 gewährt wird (§ 133 Abs. 3 S. 1UrhG). Die neue Auskunftspflicht für Filme gilt ebenfalls ab dem 7.6.2022. Für Verträge mit Filmurhebern und ausübenden Künstlern, wie etwa Schauspielern, die vor dem 1.1.2008 geschlossen wurden, ist Auskunft nur auf Verlangen zu erteilen (§ 133 Abs. 3 S. 2 UrhG).
§ 32d UrhG regelt den Anspruch auf Auskunft und Rechenschaft.
Bei entgeltlicher Einräumung eines Nutzungsrechts hat der Vertragspartner dem Urheber (über § 79 Abs. 2a UrhG auch den ausübenden Künstlern) mindestens einmal jährlich Auskunft über den Umfang der Werknutzung und die hieraus gezogenen Erträge und Vorteile unaufgefordert zu erteilen, wobei diese Auskunft auf der Grundlage der Informationen erfolgt, die "im Rahmen eines ordnungsgemäßen Geschäftsbetriebs üblicherweise vorhanden sind".
Ausgenommen sind damit Informationen aus der Verwertung des Werkes durch Dritte in der Lizenzkette, sofern diese dem Vertragspartner nicht vorliegen.
Diese Auskunftspflicht beginnt ein Jahr nach der erstmaligen Werknutzung und endet mit der Einstellung der Nutzungen (§ 32d Abs. 1 UrhG).
Rz. 192
Der Urheber hat gegenüber seinem Hauptlizenznehmer nur auf Verlangen den Anspruch auf Auskunft über Namen und Anschriften über die Unterlizenznehmer sowie Rechenschaft über die Auskunft (§ 32d Abs. 1a UrhG). Dies bedeutet nach der Gesetzesbegründung die Pflicht (auf Verlangen) zur Vorlage von Belegen (§§ 242, 259 BGB).
Dem Vertragspartner des Urhebers steht es frei, ob Ersterer die Auskunft selbst erteilt oder einen Dritten hiermit beauftragt. Infrage kommen auch die zuständigen Verwertungsgesellschaften, die durch ihre umfangreichen Datenbanken auf entsprechende Anfrage des Auskunftsverpflichteten hier beauftragt werden können.
Rz. 193
§ 32d Abs. 2 UrhG nimmt im Hinblick auf Abs. 1 und 1a zahlreiche Ausnahmetatbestände auf. Der Auskunftsanspruch besteht nicht, soweit
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der Urheber lediglich einen nachrangigen Beitrag zu einem Werk erbracht hat, es sei denn, der Urheber legt nachweislich "klare Anhaltspunkte dafür dar, dass er die Auskunft für eine Vertragsanpassung (§ 32a Absatz 1 und 2) benötigt"; "nachrangig ist ein Beitrag insbesondere dann, wenn er den Gesamteindruck eines Werkes oder die Beschaffenheit eines Produktes oder einer Dienstleistung wenig prägt, etwa weil er nicht zum typischen Inhalt …gehört" (Nr. 1) (Beispiel dafür ist, dass der Urheber eines Fotos vom Verleger eines Fotobands mit zahlreichen anderen Urhebern Auskunft hinsichtlich seines einzelnen Fotos verlangt) |
oder
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das Auskunftsersuchen aus anderen Gründen unverhältnismäßig ist, insbesondere wenn der Aufwand für die Auskunft außer Verhältnis zu den Einnahmen aus der Werknutzung stünden (Nr. 2) (Beispiel: bei der Verwertung eines Films gibt es keinen gesonderten Auskunftsanspruch über die Verwertung von Clips, Trailern etc., sofern dies unzumutbar ist). |
Rz. 194
Eine Abweichung zum Nachteil des Urhebers ist nur durch gemeinsame Vergütungsregeln (§ 36 UrhG) oder Tarifvertrag zulässig (Umsetzung des Art 23 Abs. 1 sowie Art. 19 Abs. 5 DSM-RL). Dabei wird vermutet, dass die kollektiven Vereinbarungen dem Urheber ein vergleichbares Maß an Transparenz wie die gesetzlichen Bestimmungen gewähren (§ 32d Abs. 3 UrhG).
Rz. 195
Gem. § 32e UrhG (Anspruch auf Auskunft und Rechenschaft Dritter in der Lizenzkette), also nach Übertragung oder Einräumung weiterer Nutzungsrecht durch den Vertragspartner des Urhebers auf Dritte, richtet sich der Auskunftsanspruch des Urhebers (in Umsetzung des Art. 19 Abs. 2 DSM-RL) nach § 32d Abs. 1 und 2 UrhG auch gegen
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diejenigen, die Nutzungsvorgänge in der Lizenzkette wirtschaftlich wesentlich bestimmen (Nr. 1), z.B. Sendeunternehmen bei Auftragsproduktion, oder |
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diejenigen, aus deren Erträgnissen oder Vorteilen sich die unverhältnismäßig niedrige Vergütung gem. § 32a Abs. 2 UrhG ergibt (Nr. 2). Beispiel: nicht die Hardcover-Ausgabe, sondern nur das unterlizenzierte Taschenbuch wird ein Bestseller. |
Rz. 196
Im Gegensatz zur Gesetzesversion von 2016, die eine alternative Auskunftspflicht sowohl gegen den Hauptlizenznehmer als auch gegen den Unterlizenznehmer vorsah, ergibt sich nunmehr mit der Urheberrechtsreform 2021 die Nachrangigkeit durch Dritte in der Lizenzkette. Denn Auskunft kann nur verlangt werden, wenn der ursprüngliche Vertragspartner nicht...