Rz. 12

Oft wird in der Gemeinschaftsordnung eine bestimmte Nutzung an die Zustimmung des Verwalters geknüpft.

 

Beispiel

Nach der Gemeinschaftsordnung ist die Ausübung eines Berufs oder Gewerbes in der Wohnung nur mit Zustimmung des Verwalters zulässig, die widerruflich und unter Auflagen erteilt und nur aus wichtigem Grund verweigert werden kann. Miteigentümer A betreibt mit Zustimmung des Verwalters einen Kiosk in seiner Wohnung. Miteigentümer B verlangt von der Gemeinschaft, dagegen einzuschreiten. – Zunächst ist die Frage zu klären, ob die Gemeinschaft von A die Unterlassung des Kioskbetriebs verlangen kann. Das ist der Fall. Die Nutzung als Kiosk stört mehr als die Wohnnutzung. Die Auslegung der Gemeinschaftsordnung ergibt, dass die Nutzung für Beruf oder Gewerbe nicht mehr stören darf als die Wohnnutzung. Die Verwalterzustimmung hätte nicht erteilt werden dürfen. Der Umstand alleine, dass sie erteilt wurde, macht die konkrete Nutzung noch nicht zulässig; der Zustimmungsvorbehalt stellt lediglich eine formale vorgeschaltete Bedingung der Nutzung dar. Weil die Gemeinschaft an die vom Verwalter erklärte Zustimmung nicht gebunden ist, kann sie Unterlassung verlangen. Daraus ergibt sich die Empfehlung an Wohnungseigentümer, niemals allein auf die Verwalterzustimmung zu vertrauen, sondern stets auch noch einen Zustimmungsbeschluss der Gemeinschaft einzuholen (so auch in Fall baulicher Maßnahmen (→ § 4 Rdn 91). Eine andere Frage ist es, ob B ein Einschreiten der Gemeinschaft verlangen kann. Das ist (nur) der Fall, wenn durch die Kiosknutzung in seinem Sondereigentum gestört wird; es verhält sich wie im Fall unzulässiger Baumaßnahmen Einzelner (→ § 4 Rdn 126).

 

Rz. 13

Wenn die nach der Teilungserklärung erforderliche Verwalterzustimmung fehlt, muss eine Nutzung ohne Zustimmung alleine aus diesem (formellen) Grund gerichtlich untersagt werden (str.).

 

Beispiel

Im vorstehenden Beispielsfall betreibt A ein nicht störendes Gewerbe in seiner Wohnung; die Zustimmung des Verwalters hat er nicht eingeholt. Der Verwalter klagt (ohne zuvor die Gemeinschaft damit befasst zu haben) namens der Gemeinschaft auf Unterlassung. – Mit Erfolg. Ob A materiell einen Anspruch auf Erteilung der Zustimmung hat, kann offen bleiben, denn jedenfalls hat er sie nicht eingeholt. Er kann einen etwaigen Anspruch auf Zustimmung dem Unterlassungsanspruch nicht entgegen halten (str.).[61]

 

Rz. 14

 

Praxistipp

Die Zustimmung des Verwalters kann auch noch eingeholt werden, nachdem die Nutzung bereits begonnen hat. Allein der Umstand, dass sie nicht vorher eingeholt wurde, führt nicht dazu, dass sie verweigert werden dürfte (wenn im Übrigen ein Anspruch darauf besteht).

 

Rz. 15

Mitunter wird eine bestimmte Nutzung an das Vorliegen einer Baugenehmigung geknüpft.

 

Beispiel

Nach der Teilungserklärung ist die gewerbliche Nutzung einer Teileigentumseinheit in einem Wohn- und Geschäftshaus zulässig, sofern sie baurechtlich genehmigt ist. Die Baubehörde erteilt dem Miteigentümer A die Genehmigung zur Nutzung als Gesangsschule. Die davon gestörten Miteigentümer halten die Baugenehmigung (und die darauf beruhende Nutzung) für unzulässig und gehen dagegen vor. – Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Baugenehmigung sind mangels Anfechtungs- bzw. Klagebefugnis unzulässig, gleichgültig ob die rechtlichen Schritte seitens der Gemeinschaft oder seitens einzelner Wohnungseigentümer geführt werden. Die öffentlich-rechtlichen Vorschriften dienen nur dem Schutz der Grundstücksnachbarn, nicht aber dem Schutz der Miteigentümer (→ § 4 Rdn 169). Den Miteigentümern bzw. der insoweit allein klagebefugten Gemeinschaft bleibt nichts anderes übrig, als vor dem Amtsgericht gegen A vorzugehen und die Unterlassung der beanstandeten Nutzung zu beanspruchen. Die Klage wird Erfolg haben, wenn die Gemeinschaft das Amtsgericht davon überzeugt, dass die Baugenehmigung rechtswidrig ist und nicht hätte erteilt werden dürfen. Bei sinnvoller Auslegung der Gemeinschaftsordnung ergibt sich nämlich, dass Voraussetzung einer zulässigen Nutzung die materielle Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung ist.

[61] LG München I v. 26.1.2015 – 1 S 9962/14, ZMR 2015, 793. A.A. LG Berlin v. 22.5.2018 – 55 T 15/18, ZWE 2018, 450.

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