Rz. 10
In einer Gesamthandsgemeinschaft bildet das Nachlassvermögen in der Regel Sondervermögen, welches vom Eigenvermögen der Miterben separiert ist. Damit einher geht oftmals auch, dass über die Nachlassgegenstände nur gemeinsam, d.h. mit Zustimmung aller Erben, verfügt werden kann.
Rz. 11
▪ Bosnien Herzegowina
In Bosnien-Herzegowina dürfen die Mitglieder der Erbengemeinschaft nur gemeinschaftlich handeln und über den Nachlass verfügen. Die exakten Erbquoten stehen bei einer Erbengemeinschaft nach bosnisch-herzegowinischem Recht jedoch erst nach dem so genannten "Erbschaftsbeschluss" fest. Bis dahin können die Miterben ihre Erbteile nur an andere Miterben übertragen.
Rz. 12
▪ Deutschland
Die Beschränkung der Übertragung von Erbanteilen nur an Miterben, wie in Bosnien-Herzegowina, ist dem deutschen Recht unbekannt. Jeder Miterbe kann in einer Gesamthandsgemeinschaft deutschen Rechts seinen Erbteil zu jeder Zeit übertragen oder veräußern. In einem solchen Fall steht den verbleibenden Miterben gemäß § 2034 BGB ein Vorkaufsrecht zu (vgl. § 4 Rdn 31 ff.). Unzulässig ist es hingegen, dass ein Miterbe, ohne ausdrückliche Zustimmung der anderen Miterben, einen Nachlassgegenstand veräußert. Weiterhin darf ein Miterbe (in der Regel) die anderen Miterben nicht vollständig von der Nutzung einzelner Nachlassgegenstände ausschließen, ohne eine adäquate Nutzungsentschädigung zu zahlen (vgl. zu den Voraussetzungen § 4 Rdn 87 ff.). Die Verwaltung des Nachlassvermögens hat gemeinschaftlich zu erfolgen. Dieser Grundsatz ist Ausfluss der gesamthänderischen Gemeinschaft der Miterben. Im Rahmen der Verwaltung unterscheidet man zwischen der außerordentlichen, ordnungsgemäßen und notwendigen Verwaltung (eingehend zu den einzelnen Verwaltungsmaßnahmen siehe § 4 Rdn 51 ff.). Sofern die Erbengemeinschaft Inhaberin von Forderungen ist, so kann jeder einzelne Miterbe diese sowohl gerichtlich als auch außergerichtlich geltend machen, wobei er dann freilich nur Zahlung an die Gemeinschaft und niemals an sich selbst verlangen kann. Nur durch Leistung an alle Miterben gemeinsam wird der Schuldner frei.
Rz. 13
▪ Finnland
Hauptaufgabe einer Erbengemeinschaft nach finnischem Recht ist es, zunächst einmal unmittelbar nach dem Erbfall, spätestens jedoch nach drei Monaten, eine Inventarliste zu erstellen. Diese Inventarliste bildet die Grundlage der späteren Auseinandersetzung der Miterben. Sie ist sorgfältig zu erstellen, da mit einer vollständigen Inventarliste eine Haftungsprivilegierung auf die Nachlassmasse verbunden ist. Die Verwaltung des Nachlasses an sich erfolgt auch gemeinschaftlich, wobei es einem einzelnen Erben im Notfall (Maßnahmen, deren Ausführung keinen Aufschub dulden) gestattet ist allein zu handeln, wenn die Zustimmung der anderen Miterben nicht mehr rechtzeitig eingeholt werden kann. Es ist des Weiteren möglich, dass die Miterben die Vertretung der Gesamthandsgemeinschaft vertraglich regeln.
Rz. 14
▪ Schweiz
In der Schweiz werden die Mitglieder der Erbengemeinschaft gemeinsam Eigentümer der in den Nachlass fallenden Gegenstände. Des Weiteren können die Mitglieder der Erbengemeinschaft nur gemeinschaftlich den Nachlass verwalten. Es gilt das Einstimmigkeitsprinzip. Gleiches gilt, sofern über einzelne Nachlassgegenstände verfügt werden soll. In dringenden unaufschiebbaren Fällen ist es jedoch auch dem einzelnen Erben gestattet, Maßnahmen zur Verwaltung des Nachlasses zu treffen. Unabhängig davon besteht ferner die Möglichkeit, dass sich sämtliche Miterben darauf verständigen, einen behördlich bestellten Erbenvertreter einzusetzen, welcher dann im Namen der Erbengemeinschaft tätig wird.
Rz. 15
▪ Türkei
Da die Türkei, wie bereits erwähnt, das Schweizer Zivilgesetzbuch in weiten Teilen übernommen hat, ist es wenig verwunderlich, dass auch in einer Erbengemeinschaft (Erbengesellschaft) türkischen Rechts nur alle Erben gemeinsam den Nachlass verwalten und über ihn verfügen dürfen. Sie werden zur gesamten Hand Eigentümer des Nachlasses. Möglich ist es jedoch, dass ein Erbe seinen Erbteil veräußert. Dabei erwirbt der Käufer jedoch nur einen schuldrechtlichen Anspruch und wird nicht Mitglied der Gesamthandsgemeinschaft.
Rz. 16
▪ Ungarn
Letztlich erwerben auch in Ungarn die Miterben gesamthänderisch Eigentum am Nachlass des Erblassers gemäß § 682 Abs. 1 ZGB. Die Miterben können nur gemeinsam über den Nachlass verfügen. Veräußert ein Mitglied der Erbengemeinschaft seinen Erbteil, so kommt den verbleibenden Miterben ein Vorkaufsrecht zu.