Florian Enzensberger, Maximilian Maar
Rz. 60
Stiefkinder hat der Gesetzgeber in seinem unterhaltsrechtlichen Versorgungssystem nicht vorgesehen bzw. nur stiefkindlich in § 1371 Abs. 4 BGB berücksichtigt. Bringt beispielsweise die Ehefrau ein Kind aus erster Ehe mit in die zweite Beziehung, hat dieses Kind gegen den Stiefvater keinen Unterhaltsanspruch, insbesondere keinen Anspruch auf Ausbildungsunterhalt im Falle der Scheidung. Dies gilt auch dann, wenn es sich bei der zweiten Ehe um eine Einverdienerehe handelt und die Mutter den Haushalt führt. Ein Unterhaltsanspruch des Kindes gehört weder zu den persönlichen Bedürfnissen der Mutter noch zu den Haushaltskosten.
Es besteht lediglich ein Ausbildungsanspruch, wenn die Ehe durch Tod aufgelöst wird nach § 1371 Abs. 4 BGB. Allerdings bestehen hier in der Praxis erhebliche Probleme im Hinblick auf die Höhe des Anspruchs, zudem kann der Anspruch durch eine "Flucht in die güterrechtliche Lösung" durch den Stiefelternteil umgangen werden.
Will die Ehefrau also den Unterhalt für ihr Kind aus erster Ehe absichern, muss sie bei Eheschließung auf den Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung drängen. Eine solche unterliegt keinen Formerfordernissen. Es versteht sich von selbst, dass natürlich schon aus Beweisgründen zur Schriftform geraten werden muss.
Ein derartiger Vertrag kann als unechter Vertrag zugunsten Dritter (des Kindes) geschlossen werden. Demnach soll das Kind keinen eigenen Anspruch gegen den Stiefelternteil erwerben, um diesen insbesondere vor maßlosen Ansprüchen des Kindes zu schützen. Die Rechte sollen von den Eltern geltend gemacht werden.
Formulierungsbeispiel
Jeder Ehegatte ist berechtigt, von dem anderen Ehegatten Unterhalt für seine leiblichen Kinder zu verlangen, solange die Ehe besteht. Höhe und Umfang der Unterhaltsansprüche orientieren sich an den allgemein gültigen Unterhaltsansprüchen leiblicher Kinder. Die Stiefkinder sind nicht berechtigt eigene Ansprüche gegenüber dem Stiefelternteil geltend zu machen. Ein eigener Anspruch steht ihnen nur zu, wenn der leibliche Elternteil verstorben ist und die Ehe zum Zeitpunkt des Todes noch Bestand hatte. Die Unterhaltsansprüche der Stiefkinder sind auf die Vollendung des 25. Lebensjahrs begrenzt.
Möglich ist auch eine Absicherung der Stiefkinder nur nach dem Ableben des leiblichen Elternteils. Dies kann im Wege eines Vermächtnisses erfolgen. Es kann ein Geldvermächtnis ausgesetzt werden oder aber auch ein zeitlich befristetes Rentenvermächtnis.
Formulierungsbeispiel (Rentenvermächtnis)
Bei Vorversterben der Ehefrau X erhalten deren einseitige Abkömmlinge folgendes Vermächtnis:
Die Tochter A und der Sohn B der Ehefrau X aus erster Ehe erhalten als dauernde Last einen monatlichen Unterhaltszuschuss in Höhe von je 250 EUR monatlich. Die Leistungspflicht beginnt am ersten des auf den Tod der Ehefrau folgenden Kalendermonats. Die Zahlungen haben jeweils zum 15. des Monats zu erfolgen. Die Zahlungsverpflichtung endet jeweils mit Abschluss der Berufsausbildung der beiden Kinder, spätestens jedoch mit Vollendung des 25. Lebensjahres. Ersatzvermächtnisnehmer werden ausdrücklich nicht benannt.
Formulierungsbeispiel (Geldvermächtnis)
Hat beim Tod der erstversterbenden Ehefrau X deren einseitiges Kind A aus erster Ehe seine Ausbildung noch nicht abgeschlossen, so erhält es ein Geldvermächtnis in Höhe der voraussichtlichen Ausbildungskosten. Die Bestimmung der Höhe und der Zahlungsmodalitäten liegen im alleinigen Ermessen des Testamentsvollstreckers. Zum Testamentsvollstrecker wird der Bruder B der Ehefrau benannt. Sollte der Testamentsvollstrecker vor oder nach dem Erbfall wegfallen oder das Amt nicht annehmen, soll das Netzwerk Deutscher Testamentsvollstrecker e.V. mit Amtssitz in Berlin einen geeigneten Testamentsvollstrecker bestimmen.