Dr. iur. Wolfram Viefhues
Rz. 182
Zudem gewährt § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB im Innenverhältnis beiden Gesamtschuldnern grds. einen gegenseitigen Ausgleichsanspruch, soweit nichts anderes bestimmt ist. Bei Gesamtschuldnerschaft gemäß § 426 Abs. 1 S. 1 BGB kann sich eine abweichende Bestimmung der Anteile aus dem Gesetz, einer Vereinbarung, dem Inhalt und Zweck des Rechtsverhältnisses oder der Natur der Sache, mithin aus der besonderen Gestaltung des tatsächlichen Geschehens ergeben. Aufgrund der in einer intakten ehelichen Lebensgemeinschaft regelmäßig bestehenden Anschauung der Ehegatten, mit dem Einkommen gemeinsam zu wirtschaften, sind finanzielle Mehrleistungen eines Ehegatten wegen Mietnebenkostenzahlungen während noch intakter Ehe im Innenverhältnis nicht auszugleichen.
Rz. 183
Fraglich ist dabei, ob allein die – ggf. einseitige – Beendigung der ehelichen Lebensgemeinschaft durch die Trennung eine Zäsur im Sinne einer anderweitigen Bestimmung darstellt. Denn mit dem Scheitern der Ehe haben sich die für die jeweiligen Leistungen maßgeblichen Umstände aber geändert; der Grund für die frühere Handhabung ist damit entfallen. Denn nach Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft besteht im Allgemeinen kein Anlass mehr für einen Ehegatten, dem anderen eine weitere Vermögensmehrung zukommen zu lassen, weil das Gegenseitigkeitsverhältnis, in dem die beiderseitigen Beiträge zur gemeinsamen Lebensführung gestanden haben, aufgehoben ist.
Rz. 184
Praxishinweis:
Aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls kann auch davon auszugehen sein, dass die Handhabung, welche die Eheleute während intakter Ehe gewählt haben, nach der Trennung zunächst fortgelten soll. Dies hat zur Folge, dass derjenige Ehegatte, welcher den Hauskredit bei der Bank schon zuvor allein bedient hatte, diesen weiter zahlt, ohne einen Ausgleichsanspruch gegen den anderen Ehegatten zu haben.
OLG Bremen, Beschl. v. 17.2.2016 – 4 WF 184/15
Zitat
1. Nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB kann der Ehegatte und Mieter, der nach Trennung der Eheleute die volle Miete für die Ehewohnung an den Vermieter gezahlt hat, von seinem Ehegatten und Mitmieter Erstattung des hälftigen Betrages verlangen. Für eine hiervon abweichende Beteiligungsverpflichtung an der Mietzahlung und somit eine anderweitige Bestimmung i.S.d. § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB ist derjenige darlegungs- und beweispflichtig, der sich darauf beruft.
2. Eine derartige anderweitige Bestimmung im Sinne des § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB kann nicht allein daraus hergeleitet werden, dass der wegen der Hälfte der Miete in Anspruch genommene Ehegatte während des verfahrensgegenständlichen Mietzeitraums an den anderen Ehegatten sowohl Trennungs- als auch Kindesunterhalt gezahlt hat, wenn bei der Unterhaltsberechnung weder die Mietzahlungen durch den Unterhaltsempfänger noch sein Ausgleichsanspruch aus § 426 Abs. 1 BGB berücksichtigt worden sind.
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.3.2014 – II-2 UF 4/14
Zitat
1. Zieht ein Ehegatte aus der Ehewohnung aus, ergibt sich der Anspruch des in der Wohnung verbliebenen Ehegatten auf Ausgleich der von ihm geleisteten Mietzahlung aus §§ 426 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 in Verbindung mit § 535 Abs. 2 BGB. Hierbei kann sich aus der besonderen Gestaltung der Beziehung der Ehegatten nach der Trennung eine abweichende Bestimmung der anteiligen Haftung im Sinne von § 426 Abs. 1 S. 1 BGB ergeben.
2. Stellt sich der Verbleib des Ehegatten in der gemeinsam angemieteten Wohnung als eine von ihm selbst gewählte Wohnsituation dar – was insbesondere dann der Fall ist, wenn sich die Ehegatten über den Auszug des einen und den Verbleib des anderen einig waren -, dann ist es in der Regel gerechtfertigt, dass der verbleibende Ehegatte im Innenverhältnis allein für die Miete einzustehen hat.
3. Bei einer aufgedrängten Wohnsituation verbleibt es dagegen für die Dauer einer angemessenen Überlegungsfrist und einer sich daran anschließenden Kündigungsfrist bei der anteiligen Haftung beider Ehegatten für die Mietverbindlichkeiten. Erst nach Ablauf dieser Fristen ist von einer gewählten Wohnsituation und dementsprechend von einer alleinigen Haftung des in der Wohnung verbleibenden Ehegatten auszugehen.
4. Auch im Falle einer gewählten Wohnsituation hat der in der Wohnung verbliebene Ehegatte die Miete nicht allein zu tragen, wenn er die gemeinsam angemietete Wohnung lediglich für die Dauer der Kündigungsfrist weiter allein bewohnt.
5. Bewohnt ein Ehegatte die gemeinsam angemietete Wohnung nur noch für die Dauer der Kündigungsfrist, ist bei Bemessung der Haftungsquoten für den Innenausgleich die Differenz zwischen der für die eheliche Wohnung zu zahlenden Miete und des bei Anmietung einer den Wohnbedürfnissen des verbleibenden Ehegatten entsprechenden Wohnung zu zahlenden Mietzinses zwischen den Ehegatten hälftig zu teilen.
Wertet man die vorgenommene Trennung der Eheleute als "anderweitige Regelung" i.S.d. § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB, dann hat der Ehegatte, der nach Trennung und Auszug des anderen Ehegatten aus der gemeinsam angemietet...