Der Anwalt wird von zwei Auftraggebern gemeinschaftlich wegen einer Forderung in Höhe von 10.000,00 EUR beauftragt. Einem der beiden Auftraggeber wird der Anwalt im Rahmen der Prozesskostenhilfe beigeordnet.
Da nur eine Angelegenheit gegeben ist (§ 7 Abs. 1 RVG), kann der Anwalt seine Vergütung nur einmal erhalten (§ 15 Abs. 2 RVG). Allerdings erhöht sich die Verfahrensgebühr nach Nr. 1008 VV um 0,3.
Insgesamt beläuft sich die (fiktive) Wahlanwaltsvergütung damit auf:
I. |
(Fiktive) Anwaltsvergütung |
1. |
1,6-Verfahrensgebühr, Nrn. 3100, 1008 VV, § 13 RVG |
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982,40 EUR |
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(Wert: 10.000,00 EUR) |
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2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV, § 13 RVG |
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736,80 EUR |
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(Wert: 10.000,00 EUR) |
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3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
1.739,20 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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330,45 EUR |
Gesamt |
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2.069,65 EUR |
Von der vermögenden Partei kann der Anwalt die Vergütung insoweit verlangen, wie sie entstanden wäre, wenn diese alleine den Auftrag erteilt hätte (§ 7 Abs. 2 RVG).
II. |
Anspruch gegen die vermögende Partei |
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV, § 13 RVG |
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798,20 EUR |
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(Wert: 10.000,00 EUR) |
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2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV, § 13 RVG |
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736,80 EUR |
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(Wert: 10.000,00 EUR) |
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3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
1.555,00 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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295,45 EUR |
Gesamt |
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1.850,45 EUR |
Welche Ansprüche gegen die Staatskasse bestehen, ist dagegen strittig.
Erste Möglichkeit: Da nach § 7 Abs. 2 RVG jeder Auftraggeber in der Höhe haftet, in der er haften würde, wenn er den Anwalt allein beauftragt hätte, käme insoweit eine Erstreckung der Prozesskostenhilfe auf eine 1,3-Verfahrensgebühr sowie eine 1,2-Terminsgebühr nebst Auslagen in Betracht, allerdings aus den Gebührenbeträgen des § 49 RVG. Aus der Staatskasse erhielte der Anwalt:
III. |
Anspruch gegen die Staatskasse (1. Möglichkeit) |
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV, § 49 RVG |
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440,70 EUR |
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(Wert: 10.000,00 EUR) |
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2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV, § 49 RVG |
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406,80 EUR |
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(Wert: 10.000,00 EUR) |
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3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
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Zwischensumme |
867,50 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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164,83 EUR |
Gesamt |
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1.032,33 EUR |
Sofern der vermögende Auftraggeber allerdings zahlt, müssen diese Zahlungen dann nach § 58 Abs. 1, Abs. 2 RVG angerechnet werden, soweit sie den Differenzbetrag zur Wahlanwaltsvergütung (1.850,45 EUR – 1.032,33 EUR = 818,12 EUR) übersteigen.
Zweite Möglichkeit: Da im Innenverhältnis beide Auftraggeber grundsätzlich jeweils zur Hälfte haften (§ 426 Abs. 1 BGB), käme insoweit in Betracht, dass der Anwalt gegen die Staatskasse einen Anspruch in Höhe der Hälfte der Vergütung, also hier der Hälfte einer 1,6-Verfahrensgebühr (Nrn. 3100, 1008 VV) und der 1,2-Terminsgebühr nebst Auslagen erwirbt, wiederum allerdings aus den Beträgen des § 49 RVG. Aus der Staatskasse erhielte der Anwalt dann:
III. |
Anspruch gegen die Staatskasse (2. Möglichkeit) |
1. |
1,6-Verfahrensgebühr, Nrn. 3100, 1008 VV, § 49 RVG |
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542,40 EUR |
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(Wert: 10.000,00 EUR) |
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2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV, § 49 RVG |
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406,80 EUR |
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(Wert: 10.000,00 EUR) |
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3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
969,20 EUR |
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hiervon ½ |
484,60 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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92,07 EUR |
Gesamt |
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576,67 EUR |
Auch hier müsste sich der Anwalt Zahlungen des vermögenden Mandanten anrechnen (§ 58 Abs. 1, Abs. 2 RVG) lassen, soweit sie den Differenzbetrag zur Wahlanwaltsvergütung (1.850,45 EUR – 576,67 EUR = 1.273,78 EUR) übersteigen.
Dritte Möglichkeit: Die Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe beschränkt sich auf den Mehrbetrag, der durch das Hinzutreten der bedürftigen Partei entsteht. Hiernach wäre also lediglich der 0,3-Erhöhungsbetrag nach Nr. 1008 VV aus 10.000,00 EUR von der Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe gedeckt. Insoweit wird häufig eine Entscheidung des BGH als Beleg angeführt. Diese betrifft jedoch den Fall, dass sich die Bewilligung von vornherein nur auf die "Erhöhungsgebühr", den "Mehrbetrag" o.Ä. beschränkt (siehe oben Rdn 57). Aus der Staatskasse erhielte der Anwalt in diesem Fall:
III. |
Anspruch gegen die Staatskasse (3. Möglichkeit) |
1. |
0,3-Erhöhungsbetrag, Nr. 1008 VV, § 49 RVG |
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101,70 EUR |
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(Wert: 10.000,00 EUR) |
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Zwischensumme |
101,70 EUR |
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2. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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19,32 EUR |
Gesamt |
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121,02 EUR |
In diesem Fall wären Zahlungen der vermögenden Partei nicht anzurechnen. Der Anwalt hätte allerdings keine Vergütungsansprüche gegen die Staatskasse oder die bedürftige Partei, wenn die v...