_________________________ (Staatsanwaltschaft)
_________________________ (Anschrift)
Per Telefax: _________________________
In dem Ermittlungsverfahren gegen
_________________________ (Mandant)
Aktenzeichen: _________________________
wird höflich beantragt,
das Verfahren gegen den Mandanten gemäß § 170 Abs. 2 StPO einzustellen.
Nach Sichtung der amtlichen Ermittlungsakten, die ich anliegend mit Dank zurückreiche, ist der dem Mandanten zur Last gelegten Straftatbestand der Nötigung schon tatbestandlich nicht erfüllt:1
Das in der Vorgangsakte geschilderte Verhalten stellt schon deshalb keine Nötigung im Sinne des § 240 StGB dar, weil es sich hier um keine Gewalteinwirkung mit einer gewissen Dauer des psychischen Drucks handelte. Aufgrund des Appellcharakters des Strafrechts und des Postulats einer klaren Bestimmbarkeit der Tatbestände des StGB muss es sich schon um extreme Ausnahmefälle mit einem bestimmten Grad an Intensität handeln, um eine strafbare Nötigung feststellen zu können (vgl. OLG Karlsruhe Beschl. v. 30.3.1979 – 3 Ss 24/79, zfs 1980, 158).
Wie die Unterscheidung in Ordnungswidrigkeiten (z.B. gemäß der StVO) und Straftaten (z.B. gemäß dem StGB) zeigt, kann nicht jeder grobe, einen anderen Verkehrsteilnehmer behindernde oder erschreckende Verkehrsverstoß eine Nötigung darstellen, weil anderenfalls diese vom Gesetzgeber vorgegebene Differenzierung ihren Sinn verlöre. Eine bedrängende Fahrweise durch beispielsweise dichtes Auffahren von kürzerer Dauer stellt zum Beispiel keine Nötigung dar (vgl. BayOblG Beschl. v. 8.4.1993 – 2 St RR 21/93, NJW 1993, 2882).2
Ferner ist darauf hinzuweisen, dass nicht jedes mit einer Behinderung oder Gefährdung verbundene verkehrswidrige Verhalten als verwerflich i.S.v. § 240 Abs. 2 StGB anzusehen ist. Es kommt auf alle Umstände der konkreten Verkehrssituation, insbesondere Geschwindigkeit der Fahrzeuge, ihren Abstand und die Dauer der Behinderung an. Die Inkaufnahme einer kurzfristigen Behinderung ist dabei zumutbar (vgl. OLG Hamm Beschl. v. 13.8.1991 – 4 Ss 775/91, NJW 1991, 3230).
Darüber hinaus ist auch der subjektive Tatbestand einer Nötigung nicht erfüllt. Wer einen anderen abdrängt oder zum Abbremsen veranlasst, handelt in der Regel seines eigenen schnelleren Fortkommens wegen und begeht keine Nötigung, sondern allenfalls eine Ordnungswidrigkeit gemäß den Vorschriften der StVO. Nur dann, wenn die Behinderung des anderen der eigentliche Zweck der verbotenen Fahrweise ist, erhöht dies den Unrechtsgehalt der Tat und hebt diese über die bloße Verkehrsordnungswidrigkeit hinaus. An die Voraussetzungen der "Verwerflichkeit" ist dabei ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. OLG Köln Beschl. v. 28.7.1992 – Ss 293/92, NZV 1993, 36; OLG Celle Beschl. v. 27.2.1990 – 3 Ss 45/90, NZV 1990, 239).
Nach alledem ist das Verfahren gegen den Mandanten deshalb mangels hinreichenden Tatverdachts einzustellen. Weiterer Sachvortrag bleibt ausdrücklich vorbehalten.3
(Rechtsanwalt)