Lars Micker, Rabea Schwarz
Rz. 46
Die Durchsetzung des einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillens ist stets bei der Einmann-Betriebsaufspaltung gegeben, also wenn der Besitzunternehmer auch alleiniger Anteilseigner an der Betriebs-GmbH ist. Denn in diesen Fällen kann der Inhaber des Einzelunternehmens seinen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen uneingeschränkt im Betriebsunternehmen durchsetzen.
Rz. 47
Schwieriger sind die Fälle der Mehrpersonen-Betriebsaufspaltung zu bewerten. Bei dieser Form der Betriebsaufspaltung gehören die Anteile am Betriebsunternehmen und/oder am Besitzunternehmen mehreren Personen. Zunächst ist hierbei an den Fall zu denken, dass auf der Seite des Besitzunternehmens nur eine Person beteiligt ist, während auf der Seite des Betriebsunternehmens mehrere Personen beteiligt sind. Ebenso hierher rechnet der umgekehrte Fall. Schließlich kann eine Mehrpersonen-Betriebsaufspaltung vorliegen, wenn sowohl auf der Seite des Besitzunternehmens als auch auf der Seite des Betriebsunternehmens mehrere Personen beteiligt sind.
Rz. 48
In diesen Fällen kommt es maßgeblich auf das Stimmrechtsverhältnis an sowie darauf, ob für die maßgebenden Gesellschafterbeschlüsse eine einfache Mehrheit, eine qualifizierte Mehrheit oder Einstimmigkeit erforderlich ist. Der Umfang des Stimmrechts eines Gesellschafters ergibt sich aus dem Gesellschaftsvertrag oder aus dem Gesetz. Hiernach sind folgende Differenzierungen notwendig: Bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts steht die Führung der Geschäfte den Gesellschaftern nur gemeinschaftlich zu. Für jedes Geschäft ist nach § 701 Abs. 1 BGB die Zustimmung aller Gesellschafter erforderlich. Liegt keine abweichende Vereinbarung vor, gilt folglich das Einstimmigkeitsprinzip.
Rz. 49
Bei einer OHG bedarf es nach § 116 Abs. 2 HGB für die über den gewöhnlichen Betrieb hinausgehenden Handlungen des Beschlusses aller Gesellschafter. Dieser Beschluss ist einstimmig zu fassen. Für Handlungen, die den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes betreffen, kommt es hingegen darauf an, wem die Geschäftsführung zusteht. Nach § 114 Abs. 1 HGB sind bei der OHG alle Gesellschafter zur Geschäftsführung berechtigt und verpflichtet. Deshalb kann man bei der OHG von der Geltung des Einstimmigkeitsprinzips ausgehen. Dieses gilt aber nicht, wenn ein Gesellschafter von der Geschäftsführung ausgeschlossen ist.
Rz. 50
Im Hinblick auf eine Kommanditgesellschaft gilt das Einstimmigkeitsprinzip, wenn es um die Änderung oder Aufhebung des Miet- oder Pachtvertrages geht, weil es sich insoweit um außergewöhnliche Geschäfte handelt, die nach § 164 HGB der Zustimmung aller Gesellschafter bedürfen. Für die Geschäfte des täglichen Lebens ist die Zustimmung der Kommanditisten dagegen nicht erforderlich.
Rz. 51
Bei Bruchteilsgemeinschaften steht nach § 744 Abs. 1 BGB zwar die Verwaltung des gemeinsamen Gegenstandes den Teilhabern gemeinschaftlich zu. Von diesem Grundsatz der Einstimmigkeit enthält § 745 Abs. 1 BGB jedoch die Ausnahme. Nach dieser Vorschrift kann nämlich eine der Beschaffenheit des gemeinschaftlichen Gegenstandes entsprechende ordnungsgemäße Verwaltung und Benutzung mit Stimmenmehrheit beschlossen werden. Zu einer wesentlichen Veränderung des gemeinschaftlichen Gegenstandes ist dagegen nach § 745 Abs. 3 S. 1 BGB wiederum Einstimmigkeit erforderlich.
Rz. 52
Auf Grundlage dieses Befundes ergeben sich die folgenden Konsequenzen: Soweit für Gesellschafterbeschlüsse die einfache Mehrheit ausreicht, ist eine Beherrschung eines Unternehmens bei einer Beteiligung von mehr als 50 % gegeben. Diese Mehrheitsbeteiligung muss nicht zwingend in der Hand eines Gesellschafters liegen. Vielmehr reicht es nach der Personengruppentheorie für die Beherrschung von Besitz- und Betriebsunternehmen aus, wenn an beiden Unternehmen mehrere Personen beteiligt sind, die infolge ihrer Einheit und ihrer Doppelstellung auch ohne entsprechende vertragliche Bindungen in der Lage sind, beide Unternehmen nach Maßgabe ihrer Gesamtbeteiligung zu beherrschen.
Rz. 53
Der einheitliche geschäftliche Betätigungswille ist hier am klarsten sichtbar, wenn sowohl am Besitz- als auch am Betriebsunternehmen dieselben Personen im gleichen Verhältnis beteiligt sind (Beteiligungsidentität). Der einheitliche geschäftliche Betätigungswille ist indes auch in den Fällen zu bejahen, in denen an beiden Unternehmen Gesellschafter mit unterschiedlichen Quoten beteiligt sind. Erforderlich ist nämlich nur, dass die Person oder Personengruppe, die das Besitzunternehmen beherrscht, in der Lage ist, auch in der Betriebsgesellschaft ihren Willen durchzusetzen (Beherrschungsidentität).
Rz. 54
Auf der anderen Seite kann die Vermutung gleichgerichteter Interessen der Gesellschafter des Besitz- und des Betriebsunternehmen widerlegt werden, und zwar in dem Fall, dass ständige Interessengegensätze vorliegen. Diese müssen konkret nachweisbar sein. Dieser Nachweis ist bei einer konkreten Interessenkollision möglich. Insoweit kommen Rechtsstreitigkeiten zwis...