Dr. iur. Berthold Hilderink, Prof. Dr. Martin Becker
Rz. 527
I.d.R. wird die durch Art. 5 GG geschützte Meinungsfreiheit einer Kündigung wegen politischer Betätigung außerhalb des Arbeitsverhältnisses entgegenstehen. Die außerdienstliche politische Betätigung vermag eine ordentliche Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen daher nur zu rechtfertigen, wenn das Arbeitsverhältnis durch die im außerdienstlichen Bereich entfaltete politische Betätigung konkret beeinträchtigt wird (BAG v. 6.6.1984, AP Nr. 11 zu § 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung). Zu beachten ist ferner, dass viele Landesgesetze besondere Kündigungsschutzvorschriften für Mandatsträger enthalten. So können bspw. gem. § 35a Abs. 2 S. 1 HGO die Arbeitsverhältnisse von Gemeindevertretern vom Arbeitgeber nur aus wichtigem Grund gekündigt werden; das gilt nicht für Kündigungen während der Probezeit. Der Kündigungsschutz beginnt gem. § 35a Abs. 2 S. 2 HGO mit der Aufstellung des Bewerbers durch das dafür zuständige Gremium. Er gilt gem. § 35a Abs. 2 S. 3 HGO ein Jahr nach Beendigung des Mandats fort. Gehörte der Gemeindevertreter weniger als ein Jahr der Gemeindevertretung an, besteht Kündigungsschutz gem. § 35a Abs. 2 S. 4 HGO für sechs Monate nach Beendigung des Mandats. Eine ähnliche Regelung findet sich bspw. in § 18a Abs. 4 GemO Rheinland-Pfalz.
Rz. 528
Gem. § 74 Abs. 2 S. 3 BetrVG ist dem Arbeitgeber, dem Betriebsrat sowie den Betriebsratsmitgliedern jede innerbetriebliche parteipolitische Betätigung untersagt (BAG v. 5.12.1975, AP § 87 BetrVG 1972 Betriebsbuße Nr. 1). Dies gilt jedoch nicht für alle anderen Arbeitnehmer eines Betriebes (BVerfG v. 28.4.1976, AP Nr. 2 zu § 74 BetrVG). Anders ist dies hingegen, wenn der Arbeitnehmer sich im Betrieb selbst provozierend parteipolitisch betätigt und auftritt und dadurch den Betriebsfrieden oder den Arbeitsablauf konkret stört (BAG v. 9.12.1982, AP Nr. 73 zu § 626 BGB).
Rz. 529
Im öffentlichen Dienst gelten besondere Grundsätze. Nach § 8 BAT hat der Arbeitnehmer für die freiheitliche, demokratische Grundordnung einzutreten. Die persönliche Eignung eines Angestellten des öffentlichen Dienstes erfordert, dass er sich durch sein gesamtes Verhalten zur freiheitlichen, demokratischen Grundordnung i.S.d. GG bekennt. Welches Maß an politischer Treue dabei vom einzelnen Arbeitnehmer erwartet werden kann, hängt vornehmlich von der geschuldeten Tätigkeit ab (BAG v. 6.6.1984, AP Nr. 11 zu § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung). Namentlich von Lehrern sowie von Sozialpädagogen und Sozialarbeitern, die erzieherische Aufgaben wahrnehmen, ist ein positives Verhältnis zu den Grundwerten der Verfassung und ein aktives Eintreten für diese Wertordnung zu fordern (BAG v. 12.3.1986, AP Nr. 23 zu Art. 33 Abs. 2 GG).