Dr. iur. Berthold Hilderink, Prof. Dr. Martin Becker
Rz. 230
Als milderes Mittel kommt eine Versetzung in Betracht (BAG v. 20.3.2014 – 2 AZR 565/12, Rn 15). Der Arbeitgeber ist nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zudem verpflichtet, dem Arbeitnehmer zunächst die Durchführung einer Entziehungskur zu ermöglichen (BAG v. 17.6.1999 – 2 AZR 639/98, EzA § 1 KSchG Wiedereinstellungsanspruch Rn 4). Die notwendige negative Gesundheitsprognose lässt sich i.d.R. auch nur dann treffen, wenn der Arbeitnehmer nicht therapiebereit war (vgl. BAG v. 9.4.1987– 2 AZR 210/86, AP Nr. 18 zu § 1 KSchG 1969 Krankheit) oder eine bereits durchgeführte Therapie nicht zum Erfolg geführt hat (vgl. LAG Hamm v. 2.5.1986 – 16 Sa 1987/85, LAGE § 1 KSchG, personenbedingte Kündigung Rn 4). Hat allerdings der Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber im Rahmen von sog. Fehlzeitengesprächen, welche der Kündigung vorangegangen sind, nicht über seine Alkoholerkrankung informiert und hatte der Arbeitgeber auch sonst keine Kenntnis von der Alkoholerkrankung des Arbeitnehmers, ist es dem Arbeitnehmer nach Erhalt der Kündigung verwehrt, sich darauf zu berufen, der Arbeitgeber habe ihm die Teilnahme an einer Entziehungskur ermöglichen müssen. Hat somit der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber ggü. seine Sucht verheimlicht, lässt dies den Schluss zu, dass der Arbeitnehmer bis zur Kündigung nicht dazu bereit war, eine Therapie durchzuführen (BAG v. 17.6.1999 – 2 AZR 639/98, AP Nr. 37 zu § 1 KSchG 1969 Krankheit).
Rz. 231
Nimmt der Arbeitnehmer an einer Therapie teil, muss der Arbeitgeber grds. deren Ende abwarten. Hatte die Therapie keinen Erfolg, kommt eine personenbedingte Kündigung in Betracht. War die Therapie zunächst erfolgreich, erleidet der Arbeitnehmer aber einen Rückfall, obwohl er weiterhin therapiefähig und -willig ist, reicht dieser Rückfall für einen personenbedingte Kündigung nicht aus (LAG Hamm v. 4.9.2001 – 11 Sa 1918/00, LAGE, § 1 KSchG, Krankheit Rn 33).