Rz. 1116

Der besondere Kündigungsschutz greift in den Fällen des § 173 SGB IX nicht ein. Die dort enthaltende Aufzählung ist enumerativ. Daraus ergibt sich, dass der besondere Kündigungsschutz nicht für Arbeitsverhältnisse mit schwerbehinderten Menschen gilt, die im Zeitpunkt des Zuganges der Kündigungserklärung noch keine sechs Monate bestanden haben (§ 173 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX). Entscheidend ist auch hier der Zugang der Kündigung. Für die Fristberechnung ist auf den rechtlichen Bestand des Arbeitsverhältnisses abzustellen. Geht die Kündigungserklärung vor Fristablauf zu, beendet sie das Arbeitsverhältnis, ohne dass der besondere Kündigungsschutz nach §§ 168 ff. SGB IX eingreifen würde. Es besteht aber bei der Beendigung eine Anzeigepflicht (§ 173 Abs. 3 SGB IX).

 

Rz. 1117

Ausgenommen vom besonderen Kündigungsschutz sind arbeitnehmerähnliche Personen, die aufgrund eines selbstständigen Dienstvertrages tätig sind sowie der GmbH-Geschäftsführer, der Organ der Gesellschaft ist und in seine Stellung gewählt wird (§ 173 Abs. 1 SGB IX).

 

Rz. 1118

Auch Arbeitnehmer, die auf bestimmten Arbeitsplätzen beschäftigt werden, sind gem. § 173 Abs. 1 Nr. 2 SGB IX vom besonderen Kündigungsschutz ausgenommen. Durch die Verweisung auf § 73 Abs. 2 Nr. 2–5 SGB IX haben Personen keinen besonderen Kündigungsschutz, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient, sondern vorwiegend durch Beweggründe karitativer oder religiöser Art bestimmt ist oder die vorwiegend zur ihrer Heilung, Wiedereingewöhnung oder Erziehung beschäftigt werden (BAG v. 4.2.1993 – 2 AZR 416/92, NZA 1994, 214). Unter diese Ausnahme fallen auch Teilnehmer an Maßnahmen zur Arbeitsbeschaffung gem. den §§ 260 ff. SGB III und Personen, die nach ständiger Übung an ihre Stellen gewählt werden (§ 173 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 73 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX).

 

Rz. 1119

Der Kündigungsschutz – auch die Mindestkündigungsfrist von 4 Wochen gem. § 169 SGB IX gilt noch nicht, wenn das Arbeitsverhältnis im Zeitpunkt des Zuganges der Kündigungserklärung ohne Unterbrechung noch nicht länger als sechs Monate besteht, § 173 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX. Er setzt unabhängig von der Dauer der jeweiligen Probezeit erst nach sechs Monaten ein. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Ablauf der Sechs-Monats-Frist hat der Arbeitgeber dem Integrationsamt anzuzeigen, § 173 Abs. 3 SGB IX. Die Nichteinhaltung der Anzeigepflicht macht die Kündigung nicht zustimmungspflichtig durch das Integrationsamt. Auf die Wartezeit sowohl nach § 1 Abs. 1 KSchG als auch nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX sind Zeiten eines früheren Arbeitsverhältnisses mit demselben Arbeitgeber anzurechnen, wenn das neue Arbeitsverhältnis in einem engen sachlichen Zusammenhang mit dem früheren Arbeitsverhältnis steht. Hiervon ist regelmäßig auszugehen, wenn das Arbeitsverhältnis lediglich deshalb rechtlich unterbrochen ist, weil sich der Arbeitgeber bei einem Arbeitnehmer dazu entschlossen hat, das Arbeitsverhältnis während der Zeit, in der keine Arbeitsleistung anfällt, nämlich in den Schulferien, nicht fortzuführen. Im Einzelfall kommt es insb. auf Anlass und Dauer der Unterbrechung sowie auf die Art der Weiterbeschäftigung an (BAG v. 19.6.2007 – 2 AZR 94/06, NZA 2007, 1153).

 

Rz. 1120

Schließlich gilt der besondere Kündigungsschutz nicht für Kündigungen von schwerbehinderten Menschen, sofern sie das 58. Lebensjahr vollendet haben und ihnen ein Anspruch auf eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung aufgrund eines Sozialplanes zusteht oder sie Anspruch auf Knappschaftsleistung nach § 239 SGB VI oder auf Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus haben, wenn der Arbeitgeber ihnen die Kündigungsabsicht rechtzeitig mitgeteilt hat und sie der beabsichtigten Kündigung bis zu deren Ausspruch nicht widersprechen (§ 173 Abs. 1 Nr. 3 SGB IX).

 

Rz. 1121

Eine Ausnahme des besonderen Kündigungsschutzes gilt auch für Kündigungen aus Witterungsgründen, sofern die Wiedereinstellung des schwerbehinderten Menschen bei Wiederaufnahme der Arbeit gewährleistet ist (§ 173 Abs. 2 SGB IX).

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