Rz. 761

Schwerbehindert i.S.d. § 2 Abs. 2 SGB IX ist ein Arbeitnehmer, bei dem ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt. I.R.d. Sozialauswahl sind auch die nach § 2 Abs. 3 SGB IX Gleichgestellten zu berücksichtigen (Löwisch, BB 2004, 154; KR/Griebeling, § 1 KSchG Rn 334; Schaub/Linck, ArbRHB, § 135 Rn 37).

 

Rz. 762

Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, Schwerbehinderte in die Gruppe der vergleichbaren Arbeitnehmer einzubeziehen. Er kann ihren Sonderkündigungsschutz akzeptieren und von einer Kündigung absehen, selbst wenn er die Mindestbeschäftigtenquote für schwerbehinderte Arbeitnehmer gem. § 154 SGB IX (vor dem 1.1.2018: § 71 SGB IX) überschreitet (APS/Kiel, § 1 KSchG Rn 728). Die Schwerbehinderung ist i.R.d. Sozialauswahl somit auch nur zu berücksichtigen, wenn das Integrationsamt der Kündigung des schwerbehinderten Arbeitnehmers bereits zugestimmt hat (KR/Griebeling, § 1 KSchG Rn 678a). Hat das Integrationsamt die Zustimmung verweigert, ist der Arbeitgeber ferner nicht verpflichtet, einen Prozess zu führen, um die Zustimmung zu erlangen (ErfK/Oetker, § 1 KSchG Rn 334).

 

Rz. 763

Erhebliche Rechtsunsicherheit entsteht für den Arbeitgeber, wenn der Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Sozialauswahlentscheidung zwar schon einen Antrag auf Anerkennung als Schwerbehinderter oder Gleichgestellter gestellt hat, dieser aber noch nicht beschieden wurde. Wird dem Antrag des Arbeitnehmers entsprochen, steht ihm der Sonderkündigungsschutz gem. §§ 168 SGB IX (vor dem 1.1.2018: §§ 85 ff. SGB IX) auch zu, wenn diese Tatsache im Kündigungszeitpunkt noch nicht feststand (APS/Kiel, § 1 KSchG Rn 731). Berücksichtigt hingegen der Arbeitgeber im Zeitpunkt der Kündigung vorsorglich, dass der Arbeitnehmer ggf. schwerbehindert ist, stellt sich im Nachhinein aber heraus, dass eine Schwerbehinderung tatsächlich nicht vorliegt, war die Sozialauswahl objektiv fehlerhaft (APS/Kiel, § 1 KSchG Rn 731; vgl. ferner Bader, NZA 2004, 65; Löwisch, BB 2004, 154; Grobys/v. Steinau-Steinrück, NJW Spezial 2005, 181; Bitzer, NZA 2006, 1082; LAG Düsseldorf v. 22.3.2005, LAGE § 90 SGB IX Nr. 1).

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