Dr. iur. Berthold Hilderink, Prof. Dr. Martin Becker
Rz. 1032
Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann in besonderen Fällen die Kündigung ausnahmsweise für zulässig erklären. Nach § 1 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift des BMAS zum Kündigungsschutz bei Erziehungsurlaub vom 2.1.1986 (BAnz v. 3.1.1986) liegt ein besonderer Fall vor, wenn es gerechtfertigt erscheint, dass das nach § 18 Abs. 1 BEEG als vorrangig angesehene Interesse des Arbeitnehmers am Fortbestand des Arbeitsverhältnisses wegen außergewöhnlicher Umstände hinter die Interessen des Arbeitgebers zurücktritt. § 2 der Verwaltungsvorschrift enthält dann eine, allerdings die Gerichte nicht bindende, Aufzählung von besonderen Fällen. In einer dauerhaften Betriebsstilllegung kann ein besonderer Fall i.S.d. § 18 Abs. 1 S. 2 BEEG liegen (BAG v. 20.1.2005 – 2 AZR 500/03, NZA 2005, 687). Die VG überprüfen die Anwendung des unbestimmten Rechtsbegriffes in vollem Umfang. Die dann von der Behörde zu treffende Ermessensentscheidung ist insoweit allerdings von Verwaltungsgerichten nur beschränkt überprüfbar. An einen bestandskräftigen Verwaltungsakt sind die ArbG, wenn er nicht nichtig ist, gebunden (BAG v. 20.1.2005 – 2 AZR 500/03; NZA 2005, 687).
Nach § 4 S. 1 KSchG muss der Arbeitnehmer die Unwirksamkeit der Kündigung auch wegen Verletzung des Sonderkündigungsrechts nach § 18 BEEG innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist gerichtlich geltend machen. Nach § 4 S. 4 KSchG läuft die Klagefrist, soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, jedoch erst ab Bekanntgabe an den Arbeitnehmer. Der in Elternzeit befindliche Arbeitnehmer kann deshalb, wenn der Arbeitgeber beim Zugang der Kündigung Kenntnis von diesem Sonderkündigungstatbestand hat, ohne die Begrenzung durch die Dreiwochenfrist das Fehlen der Zulässigkeitserklärung nach § 18 Abs. 2 BEEG bis zur Grenze der Verwirkung jederzeit geltend machen, solange ihm eine Entscheidung der zuständigen Behörde, welchen Inhalts auch immer, nicht bekannt gegeben worden ist (BAG v. 3.7.2003 – 2 AZR 487/02, NZA 2003, 1335). Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn der Arbeitgeber keinen Antrag auf Zulässigkeitserklärung gestellt hat.