Rz. 46

Der Vermächtnisnehmer erwirbt gem. § 2174 BGB (lediglich) eine gegen den Beschwerten gerichtete Forderung auf Leistung des vermachten Gegenstandes. Vermächtnisgegenstände können vielfältiger Natur sein. Im Wesentlichen ist zu unterscheiden zwischen Vermächtnisgegenständen, die sich tatsächlich im Nachlass befinden, und solchen, die der Beschwerte zur Vermächtniserfüllung von einem Dritten erwerben, also dem Vermächtnisnehmer verschaffen muss (sog. Verschaffungsvermächtnis, § 2170 BGB).

 

Rz. 47

Umstritten war in jüngerer Vergangenheit, was bei der Vermächtniszuwendung eigentlich den Besteuerungsgegenstand bildet, der Vermächtnisgegenstand als solcher oder der auf seine Übereignung gerichtete Sachleistungsanspruch. Hintergrund dieses Disputs war natürlich die mannigfaltige Durchbrechung des Verkehrswertansatzes für diverse Vermögensgegenstände, insbesondere Grundstücke, nicht notierte Anteile an Kapitalgesellschaften und gewerbliches Vermögen. Diese Frage ist zwischenzeitlich durch den einheitlichen Verkehrswertansatz in den Hintergrund getreten.

 

Rz. 48

Nichtsdestotrotz gingen herrschende Meinung und Literatur in der Vergangenheit stets davon aus, dass Besteuerungsgegenstand der Vermächtnisgegenstand selbst sein müsse.[61] Tatsächlich ist Besteuerungs- und Bewertungsgegenstand beim Kaufrechtsvermächtnis aber ein aufschiebend bedingtes Forderungsrecht.[62]

Ist der vom Erblasser bestimmte Kaufpreis niedriger als der Verkehrswert des zum Kauf vermachten Gegenstandes, ist das Erwerbsrecht mit der Wertdifferenz als Erwerb von Todes wegen zu erfassen.[63]

Beim Verschaffungsvermächtnis fehlt es zwar an der Nachlasszugehörigkeit des Vermächtnisgegenstandes.[64] Dessen ungeachtet ging der BFH aber bis zum Inkrafttreten des ErbStRG 2009 vom gemeinen Wert als systematisch richtigem Wertmaßstab aus.[65] An dieser Bewertungssystematik hat sich durch die späteren Reformen der Erbschaftsteuer nichts geändert.[66]

 

Rz. 49

Gegenstand eines Vermächtnisses kann auch der Anspruch auf eine Rentenzahlung oder die Einordnung eines Nießbrauchsrechts sein. In diesem Fall hat aber der Vermächtnisnehmer nach § 23 ErbStG ein Wahlrecht, ob er den Erwerb sofort in voller Höhe nach dem Kapitalwert versteuert, oder ob er sukzessive nach dem Jahreswert die Steuer entrichtet.

[63] Gebel, in: Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 3 Rn 181.
[64] Gebel, in: Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 3 Rn 174.
[65] BFH v. 8.3.2007 – II R 25/05, BStBl II 2007, 461; Wälzholz, ZEV 2001, 392, 394.
[66] Für den Steuerwert des Vermächtnisgegenstands z.B. auch Uricher, in: Daragan/Halaczinsky/Riedel, ErbStG und BewG, § 3 ErbStG Rn 49.

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