Rz. 278

Soweit ein Zeugnis formal unvollständig ist, weil es gar nicht oder nicht ordnungsgemäß unterzeichnet ist, ist ein Berichtigungsantrag im Erkenntnisverfahren unzulässig, weil eine Änderung des Zeugnisses durch Neuausstellung im Zwangsvollstreckungsverfahren durchgesetzt werden kann. Insoweit stellt nämlich schon der konkrete Titel klar, wie das Zeugnis formal auszusehen hat. Ist ein Zeugnis nicht unterzeichnet, ist es formal unvollständig, sodass seine Ergänzung im Vollstreckungsverfahren durchgesetzt werden kann, denn eine nicht gehörige Erfüllung der Zeugniserteilungspflicht durch Ausstellung eines nicht ordnungsgemäßen Zeugnisses ist einer Nichterfüllung i.S.d. § 888 ZPO gleichzusetzen (LAG Hamm v. 28.3.2000 – 4 Sa 1588/99).

 

Rz. 279

Sind die Angaben über Art und Dauer unrichtig, kann die Berichtigung eines einfachen Zeugnisses verlangt werden. Hat der Arbeitgeber bereits ein qualifiziertes Zeugnis erteilt, ist der Anspruch aus § 109 Abs. 1 S. 2 GewO erfüllt. Entspricht das erteilte Zeugnis nicht der vorgeschriebenen Form, ist es inhaltlich unrichtig oder hat der Arbeitgeber bei der Bewertung von Führung und Leistung seinen Beurteilungsspielraum überschritten, kann der Mitarbeiter verlangen, dass das Zeugnis nachträglich abgeändert wird. Diese Grundsätze gelten auch für die Berichtigung von Ausbildungs- und Praktikantenzeugnissen (LAG Hamm v. 11.7.1996 – 4 Sa 1285/85, n.v.).

a) Anspruchsgrundlage

 

Rz. 280

Hierbei handelt es sich um den ursprünglichen Erfüllungsanspruch, soweit es darum geht, die formale Vollständigkeit des Zeugnisses sicherzustellen. Solange etwa das erteilte einfache Zeugnis keine Aussage zur Art der Tätigkeit enthält, solange etwa im qualifizierten Zeugnis zur Führung des Mitarbeiters nicht Stellung genommen wird, hat der Arbeitnehmer nicht das Zeugnis in der Hand, welches er nach dem Gesetz beanspruchen kann. Seine Forderung ist noch nicht erfüllt. Soweit das Zeugnis formal unvollständig ist, kann seine Ergänzung im Vollstreckungsverfahren durchgesetzt werden, weil insoweit schon der korrekte Titel klarstellt, wie das Zeugnis formal auszusehen hat. Eine nicht gehörige Erfüllung der Zeugniserteilungspflicht durch Ausstellung eines nicht ordnungsgemäßen Zeugnisses ist einer Nichterfüllung i.S.d. § 888 ZPO gleich zu achten (LAG Düsseldorf v. 8.1.1958, AP Nr. 1 zu § 888 ZPO).

 

Rz. 281

Enthält das Zeugnis Unrichtigkeiten oder nimmt es zwar zu allen Punkten Stellung, ist aber in Teilen nicht so umfassend, wie es das Gesetz vorsieht, oder verstößt es gegen andere Grundsätze der Zeugniserteilung, kann nicht mehr von fehlender Erfüllung, sondern nur von Schlechterfüllung gesprochen werden. Zur Beseitigung von Mängeln des Zeugnisses steht der Erfüllungsanspruch jedoch nicht (mehr) zur Verfügung. Allein aus dem Umstand, dass das Gesetz keinen Anspruch auf "Berichtigung" des Zeugnisses enthält, folgt nicht zwingend, dass den Erfüllungsanspruch geltend macht, wer Berichtigung verlangt (LAG Hamm v. 13.2.1992, LAGE § 630 BGB Nr. 16, m.w.N.; a.A. BAG v. 23.6.1960, AP Nr. 1 zu § 73 HGB m. Anm. A. Hueck). Das Gericht müsste den Antrag auf "Berichtigung" eines Zeugnisses zurückweisen, nachdem der Arbeitgeber zuvor rechtskräftig verurteilt wurde, dem Arbeitnehmer ein qualifiziertes bzw. einfaches Zeugnis zu erteilen (res judicata). Die gerichtliche Durchsetzung des berechtigten Abänderungsverlangens wäre damit für alle Fälle abgeschnitten, in denen ein Titel vorliegt, der den Arbeitgeber schon verpflichtet, ein Zeugnis zu erteilen (LAG Hamm v. 13.2.1992, LAGE § 630 BGB Nr. 16). Anspruchsgrundlage für die Zeugnisberichtigung ist nicht § 630 BGB oder § 109 GewO, sondern die allgemeine Fürsorgepflicht (LAG Hamm v. 13.2.1992, LAGE § 630 BGB Nr. 16).

b) Berichtigungsklage

 

Rz. 282

Der "Berichtigungsanspruch" geht auf Abänderung des schon erteilten Zeugnisses. Die Berichtigung besteht darin, dass der Arbeitgeber erneut ein Zeugnis erteilt, welches die geforderten Berichtigungen berücksichtigt, soweit sie berechtigt waren (LAG Hamm v. 13.2.1992, LAGE § 630 BGB Nr. 16). Der Arbeitnehmer braucht sich nicht auf eine bloße Korrektur der ursprünglichen Urkunde einzulassen. Sie würde ihn in seinem beruflichen Fortkommen hindern, weil jeder Dritte dem Zeugnis entnehmen könnte, dass man über den Inhalt gestritten hat oder an der Echtheit des Zeugnisses zweifeln kann (LAG Bremen v. 23.6.1989, LAGE § 630 BGB Nr. 6).

 

Rz. 283

Der Arbeitnehmer, welcher mit einzelnen Bewertungen seiner Person oder Leistungen und/oder mit den Tätigkeits- und Aufgabenbeschreibungen nicht einverstanden ist, ist auf seinen Berichtigungsanspruch mit einem im Einzelnen genau spezifizierten Klageantrag zu verweisen, er kann nicht mehr auf bloße Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses klagen (LAG Düsseldorf/Köln v. 21.8.1973, DB 1973, 1853). Verwirft der Arbeitnehmer aber das ganze Zeugnis, ist er also mit ihm überhaupt nicht einverstanden, hat er den vollen Wortlaut des von ihm begehrten Zeugnisses in den Klageantrag aufzunehmen. In einem solchen Fall ist alsdann der Streit der Parteien i.R.d...

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