Rz. 280

Hierbei handelt es sich um den ursprünglichen Erfüllungsanspruch, soweit es darum geht, die formale Vollständigkeit des Zeugnisses sicherzustellen. Solange etwa das erteilte einfache Zeugnis keine Aussage zur Art der Tätigkeit enthält, solange etwa im qualifizierten Zeugnis zur Führung des Mitarbeiters nicht Stellung genommen wird, hat der Arbeitnehmer nicht das Zeugnis in der Hand, welches er nach dem Gesetz beanspruchen kann. Seine Forderung ist noch nicht erfüllt. Soweit das Zeugnis formal unvollständig ist, kann seine Ergänzung im Vollstreckungsverfahren durchgesetzt werden, weil insoweit schon der korrekte Titel klarstellt, wie das Zeugnis formal auszusehen hat. Eine nicht gehörige Erfüllung der Zeugniserteilungspflicht durch Ausstellung eines nicht ordnungsgemäßen Zeugnisses ist einer Nichterfüllung i.S.d. § 888 ZPO gleich zu achten (LAG Düsseldorf v. 8.1.1958, AP Nr. 1 zu § 888 ZPO).

 

Rz. 281

Enthält das Zeugnis Unrichtigkeiten oder nimmt es zwar zu allen Punkten Stellung, ist aber in Teilen nicht so umfassend, wie es das Gesetz vorsieht, oder verstößt es gegen andere Grundsätze der Zeugniserteilung, kann nicht mehr von fehlender Erfüllung, sondern nur von Schlechterfüllung gesprochen werden. Zur Beseitigung von Mängeln des Zeugnisses steht der Erfüllungsanspruch jedoch nicht (mehr) zur Verfügung. Allein aus dem Umstand, dass das Gesetz keinen Anspruch auf "Berichtigung" des Zeugnisses enthält, folgt nicht zwingend, dass den Erfüllungsanspruch geltend macht, wer Berichtigung verlangt (LAG Hamm v. 13.2.1992, LAGE § 630 BGB Nr. 16, m.w.N.; a.A. BAG v. 23.6.1960, AP Nr. 1 zu § 73 HGB m. Anm. A. Hueck). Das Gericht müsste den Antrag auf "Berichtigung" eines Zeugnisses zurückweisen, nachdem der Arbeitgeber zuvor rechtskräftig verurteilt wurde, dem Arbeitnehmer ein qualifiziertes bzw. einfaches Zeugnis zu erteilen (res judicata). Die gerichtliche Durchsetzung des berechtigten Abänderungsverlangens wäre damit für alle Fälle abgeschnitten, in denen ein Titel vorliegt, der den Arbeitgeber schon verpflichtet, ein Zeugnis zu erteilen (LAG Hamm v. 13.2.1992, LAGE § 630 BGB Nr. 16). Anspruchsgrundlage für die Zeugnisberichtigung ist nicht § 630 BGB oder § 109 GewO, sondern die allgemeine Fürsorgepflicht (LAG Hamm v. 13.2.1992, LAGE § 630 BGB Nr. 16).

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