Rz. 170
Oftmals wird der Übergang des Eigentums an den Gesellschaftsanteilen oder der "Assets" von der vollständigen Zahlung des Kaufpreises abhängig gemacht. Zwischen dem Vertragsschluss (Signing) und dem Übergang der Anteile bzw. der Vermögensgegenstände (Closing) liegt ein mitunter ganz erheblicher Zeitraum. Es ist daher notwendig, Regelungen zu vereinbaren, was in der Phase zwischen Signing und Closing gelten soll und wer in dieser Zeit die Verantwortung für die Führung des Unternehmens haben soll.
Rz. 171
Unabhängig von der Frage, ob der Verkäufer das Unternehmen bis zum Closing fortführt oder der Käufer bereits mit in die Unternehmensführung eingebunden wird, sollten regelmäßig wechselseitige Informations- und Zustimmungsverpflichtungen vereinbart werden. Im Übrigen ist klar zu regeln, ob und inwieweit Abweichungen vom bisherigen Unternehmenskonzept (ordinary course of business) zulässig sein sollen.
Rz. 172
Neben der vollständigen Zahlung des Kaufpreises (diese wird ja häufig als letzter Schritt erfolgen und ist daher typischerweise eine am Vollzugstag vorzunehmende Handlung, also eine "Closing Action") werden oftmals noch weitere Bedingungen, von denen die Durchführung der Transaktion und der Übergang des Eigentums abhängig sein soll, vereinbart ("Closing Conditions" oder "Conditions to Closing"). Zu nennen sind hier neben einem Finanzierungsvorbehalt (grundsätzlich nicht akzeptabel für den Verkäufer), Zustimmungspflichten von Gremien, z.B. Aufsichts- oder Beiräten, die Beendigung von Beherrschungsverträgen sowie die Niederlegung von Ämtern (bisherige Geschäftsführung, Beiräte etc.).
Rz. 173
Je nach Größe des Unternehmens (Umsatz) und der Gruppe des Erwerbers ist auch noch ein Kartellvorbehalt zu machen. Nach deutschem und europäischem Recht besteht ein Vollzugsverbot (§ 41 Abs. 1 GWB, Art. 7 Abs. 1 FKVO "EG-Fusionskontrollverordnung"). Wird hiergegen verstoßen, ist das Rechtsgeschäft unwirksam. Gleichzeitig stellt dies eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit erheblichen Bußgeldern geahndet werden kann (§ 81 GWB, Art. 14 FKVO).
Rz. 174
Nach § 35 GWB ist eine Fusionskontrolle in Deutschland durchzuführen, wenn im letzten Geschäftsjahr
▪ |
die beteiligten Unternehmen insgesamt weltweit Umsatzerlöse > 500 Mio. EUR und |
▪ |
im Inland mindestens ein beteiligtes Unternehmen Umsatzerlöse > 50 Mio. EUR und ein anderes beteiligtes Unternehmen > 17,5 Mio. EUR erzielt haben und |
▪ |
für das Fusionskontrollverfahren nicht die EU-Kommission ausschließlich zuständig ist. |
Die Umsatzschwellen (Punkt 2) sind kürzlich deutlich angehoben worden, insbesondere muss das Zielunternehmen in Deutschland nunmehr 17,5 Mio. EUR inländischen Umsatz haben. Hierdurch fallen insbesondere im KMU-Bereich diverse Transaktionen aus der Anmeldepflicht heraus. Zu berücksichtigen sind hier noch weitere Ausnahmen – im Mittelstand häufig besonders relevant ist § 38 Abs. 2 GWB, wonach im Bereich des Handels erzielte Umsätze nur mit 75 % zu berücksichtigen sind.
Im Bereich "New Economy" und Biotechnologie werden bisweilen extrem hohe Kaufpreise bezahlt, auch wenn das Zielunternehmen noch über keinen nennenswerten Umsatz verfügt. Anmeldepflichtig sind daher nach § 35 Abs. 1a GWB mittlerweile grundsätzlich auch Erwerbe, bei denen die Gegenleistung (also der Kaufpreis) über 400 Millionen EUR liegt. Dieser Ausnahmetatbestand dürfte aber typischerweise im Rahmen der Unternehmensnachfolge von untergeordneter Bedeutung sein.
Rz. 175
Bei deutscher Zuständigkeit ist der Zusammenschluss vom Käufer vor Vollzug der Transaktion beim Bundeskartellamt (BKartA) anzumelden. In unproblematischen Fällen erfolgt innerhalb eines Monats eine ausdrückliche Freigabe durch das Bundeskartellamt, der Zusammenschluss gilt aber auch dann als freigegeben, wenn das Bundeskartellamt auf die Anmeldung innerhalb eines Monats nicht reagiert (§ 40 Abs. 1 GWB), was jedoch eher selten der Fall ist. Die Freigabe kann mit Bedingungen und Auflagen verbunden werden (§ 40 Abs. 3 GWB).
Rz. 176
Will das Bundeskartellamt den Zusammenschluss untersagen, muss es ein Hauptprüfverfahren einleiten, das grundsätzlich innerhalb von vier Monaten abzuschließen ist (§ 40 Abs. 2 GWB). Die Anmeldung kann prinzipiell auch schon vor Abschluss des SPA erfolgen; allerdings wird das Vorhaben dann durch Anzeige auf der Homepage des BKartA öffentlich, was typischerweise von den Kaufvertragsparteien vor Abschluss des (schuldrechtlichen) Vertrages nicht gewollt ist.
Rz. 177
Soweit das Zielunternehmen in einem für die öffentliche Sicherheit und Ordnung sensiblen Bereich tätig ist, muss vor Durchführung der Transaktion unter Umständen eine Genehmigung durch das Bundeswirtschaftsministerium erteilt werden (§§ 5 Abs. 2, 4 Abs. 1 Nr. 4 Außenwirtschaftsgesetz, AWG). Aufgrund der expansiven Investitionspolitik und infolge der Corona-Pandemie wurde der Anwendungsbereich dieser "Investitionskontrolle", vor allem im Gesundheitsbereich (Stichwort "Curevac" und FFP2-Masken) und der IT-Industrie kürzlich deutlich erweitert (vgl. § 55 Abs. 1...