Rz. 53
Ist der Erblasser vor dem 17.8.2015 verstorben, so wird das Erbstatut anhand der bis dahin geltenden Normen bestimmt. Soweit es die Instrumentarien des Erbscheins sowie der Verfahren nach der Freiwilligen Gerichtsbarkeit anbelangt, so findet sich eine entsprechende Überleitungsvorschrift in Art. 229 § 36 EGBGB.
Art. 25 Abs. 1 EGBGB a.F. stellt als Anknüpfungspunkt auf die Staatsangehörigkeit des Erblassers zum Zeitpunkt seines Todes ab. Die Feststellung der Staatsangehörigkeit wiederum erfolgt anhand des Staatsangehörigkeitsrechts des jeweiligen Staates. Das deutsche Recht kennt einen sogenannten Begriff des "Deutschen". Er umfasst sämtliche Personen, die die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen, sämtliche deutsche Bürger, welche auf dem Gebiet der ehemaligen DDR geboren sind, Personen, welche vom NS-Unrechtsregime (zwangs)ausgebürgert wurden sowie Deutsche im Sinne von Art. 116 Abs. 1 GG. Fragen des Erwerbes der deutschen Staatsbürgerschaft durch Adoption, Heirat oder Einbürgerung bzw. dessen Verlust durch Entlassung, Erwerb einer ausländischen Staatsbürgerschaft auf Antrag sind durch einfaches Gesetz geregelt.
1. Besonderheiten bei Erbfällen mit Bezug zur ehemaligen DDR
Rz. 54
Bei Erbfällen mit Auslandsberührung, welche gleichzeitig noch einen Bezug zur ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik aufweisen, ist zudem noch Art. 236 EGBGB zu beachten. Spielt der Fall zeitlich vor dem 3.10.1990 und bildet einen abgeschlossenen Vorgang, so sind die bis zur Wiedervereinigung geltenden Kollisionsnormen der DDR anzuwenden. Danach sind nur noch die Kollisionsnormen der Bundesrepublik Deutschland anzuwenden.
2. Besonderheiten bei Doppelstaatlern/Mehrstaatlern
Rz. 55
Besitzt ein Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes mehrere Staatsangehörigkeiten, so ist bei der Bestimmung des Erbstatuts auf die Staatsangehörigkeit abzustellen, mit welcher der Erblasser am engsten verbunden war. Besaß der Erblasser neben einer weiteren Staatsangehörigkeit auch die deutsche, so geht diese bei der Bestimmung des Erbstatuts stets vor. Zu beachten ist bei Doppelstaatlern ferner, dass die bilateralen Staatsverträge bzw. Niederlassungsabkommen keine Anwendung finden. Hierfür gibt es schlicht keinen Grund. Nach herrschender Meinung geht die deutsche Staatsbürgerschaft ohnehin der anderen Staatsbürgerschaft vor. Das Abkommen soll nur für Personen gelten, die ausschließlich die eine oder die andere Staatsbürgerschaft eines derer Länder besitzen, welche ein Niederlassungsabkommen abgeschlossen haben. Ziel der einzelnen Abkommen ist es in der Regel, dass diesen Staatsbürgern die gleichen Rechte zukommen wie den eigenen Staatsbürgern. Wer beide Staatsbürgerschaften besitzt, bedarf einer solchen Privilegierung nicht, da er durch die beiden Staatbürgerschaften bereits in den Besitz dieser Privilegien gelangt ist.
3. Verfügungen von Todes wegen
Rz. 56
Während das Abstellen auf den Todeszeitpunkt zur Bestimmung des Erbstatuts bei der gesetzlichen Erbfolge zu keinen Problemen führt (Ausnahme ordre public-Verstoß bei Anwendung des ausländischen Rechts), so kann die Anwendung des fremden Rechts, welches zum Zeitpunkt des Todes ermittelt wird, dann problematisch werden, wenn der Erblasser eine letztwillige Verfügung errichtet hat. Hat der Erblasser nach der Errichtung der Verfügung von Todes wegen die Staatsangehörigkeit gewechselt, so kann es passieren, dass aufgrund unterschiedlicher staatlicher Erbrechte die einmal errichtete Verfügung aufgrund des Erbstatuts der "neuen" Staatsangehörigkeit nicht mehr wirksam ist. Dieses Ergebnis ist jedoch ungewollt. Abzustellen ist also in Fällen, in denen eine Verfügung von Todes wegen vorliegt, nicht allein auf die Staatsangehörigkeit zum Todeszeitpunkt, sondern gemäß Art. 26 Abs. 5 S. 1 EGBGB auf das Personalstatut zum Errichtungszeitpunkt. Das Gleiche gilt gemäß Art. 26 Abs. 5 S. 2 EGBGB für die Testierfähigkeit, falls der Erblasser Deutscher war oder später wurde.
Rz. 57
Exkurs: Haager Testamentsformabkommen
Das Haager Testamentsformabkommen, welches seit dem 1.1.1966 für die Bundesrepublik gilt, bestimmt ausschließlich das für die Formerfordernisse einer letztwilligen Verfügung maßgebende Recht. Dabei ist das Abkommen inhaltlich so gestaltet, dass eine letztwillige Verfügung formwirksam bleibt (favor testamenti). Das Abkommen ist auch dann anwendbar, wenn die Beteiligten nicht Staatsangehörige eines Vertragsstaates sind. Erreicht wird die Erhaltung der Formwirksamkeit dadurch, dass das Abkommen bei der Bestimmung des Formstatuts an verschiedene alternative Anknüpfungspunkte ank...