Rz. 1
Aus dem Arbeitsvertrag ergeben sich für Arbeitnehmer und Arbeitgeber vielfältige Pflichten (s. hierzu Teil 3). Zu diesen Pflichten zählt auch die arbeitnehmerseitige Treuepflicht. Der Arbeitnehmer darf nicht gegen die persönlichen und wirtschaftlichen Interessen seines Arbeitgebers handeln. Zu dieser Treuepflicht gehört an erster Stelle das Wettbewerbsverbot, wonach der Arbeitnehmer nicht in Konkurrenz zu seinem Arbeitgeber treten darf. Das gilt zunächst nur für die Zeit während der Dauer des Arbeitsvertrages, vgl. § 60 HGB; für die Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses darf der Arbeitnehmer bis zur Grenze der sittenwidrigen Schädigung seinem früheren Arbeitgeber Konkurrenz machen (BAG v. 7.9.2004 – 9 AZR 545/03, NZA 2005, 105). Dabei ist zu beachten, dass das vertragliche Wettbewerbsverbot aus § 60 HGB während der gesamten rechtlichen Dauer des Arbeitsverhältnisses gilt. Dies untersagt dem Arbeitnehmer auch nach Ausspruch einer von ihm gerichtlich angegriffenen Arbeitgeberkündigung die Aufnahme von Wettbewerbstätigkeiten, wenn sich die Kündigung später als unwirksam herausstellt (BAG v. 28.1.2010, NZA-RR 2010, 463).
Rz. 2
Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot bedarf gemäß § 74 Abs. 1 HGB einer besonderen schriftlichen Vereinbarung (s. dazu insb. die Muster der Wettbewerbsvereinbarungen unter Rdn 122 f.). Nach dem Urteil des LAG Hamm (v. 16.2.2016 – 14 Sa 1473/15) liegt diese nicht vor, wenn ein schriftlicher Arbeitsvertrag zwar ein solches Wettbewerbsverbot enthält, der Arbeitsvertrag jedoch erst gekündigt und dann aufgrund mündlicher Vereinbarung fortgesetzt wird. Form, Inhalt und Grenzen einer solchen Wettbewerbsvereinbarung sind im Gesetz zwingend geregelt (§§ 74 ff. HGB). Diese Einschränkung der Parteiautonomie führt in der Praxis zu erheblichen Problemen bei der Durchsetzung des Wettbewerbsverbotes. In jedem Einzelfall wird von den Arbeitsgerichten zusätzlich geprüft, ob und inwieweit das Verbot die von der Verfassung geschützte Berufsfreiheit des Arbeitnehmers beeinträchtigt. Allzu oft hat der Arbeitgeber erhebliche Entschädigungen zu zahlen, ohne dafür den vom Arbeitnehmer versprochenen Konkurrenzschutz zu bekommen. Sinnvoll sind nachvertragliche Wettbewerbsverbote nur für besondere Spezialisten oder Arbeitnehmer auf Schlüsselpositionen in einer Spezialbranche, deren Kenntnisse vor der unmittelbaren Konkurrenz zu schützen sind, selbst wenn dieser Schutz teuer erkauft werden muss. Arbeitgeberseits sollte i.Ü. die Notwendigkeit eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots angesichts der gesetzlich fixierten Karenzentschädigungspflicht (§ 74 Abs. 2 HGB) sorgfältig geprüft werden, zumal die Entwicklung des Beschäftigungsverhältnisses i.d.R. schwer prognostizierbar ist. Unter Umständen kann nämlich die Unzufriedenheit über die Leistungen eines Arbeitnehmers einen Arbeitgeber zu der Wertung veranlassen: Nichts Besseres könnte mir passieren, als dass dieser Arbeitnehmer zur Konkurrenz wechselt. In solchen Fällen "schmerzt" die Karenzentschädigungspflicht für die Dauer des Wettbewerbsverbots besonders.
Rz. 3
Um einen Arbeitnehmer bei Trennungsbedarf wenigstens für eine gewisse Zeit "passiv" stellen zu können, kann die Vereinbarung von längeren Kündigungsfristen und der arbeitgeberseitigen Berechtigung der sofortigen Freistellung des Arbeitnehmers von der Arbeitspflicht im Fall einer Kündigung eine probate und billigere Kompromisslösung sein. Für die Dauer der Kündigungsfrist unterliegt dann der Arbeitnehmer dem strengen gesetzlichen Wettbewerbsverbot während der Dauer des Arbeitsvertrages (§ 60 HGB).
Rz. 4
Aber auch der Arbeitnehmer sollte nicht zu leichtfertig ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot eingehen. Insb. zeitlich lange Bindungen können karrierehinderlich sein.