Dr. iur. Uwe Langohr-Plato
Rz. 67
§ 1 Abs. 1 BetrAVG regelt neben der gesetzlichen Definition des Begriffes der betrieblichen Altersversorgung den sog. "arbeitsrechtlichen Verschaffungsanspruch". Danach haftet der Arbeitgeber immer, d.h. auch dann, wenn er die betriebliche Altersversorgung über einen mittelbaren Versorgungsträger (Unterstützungskasse, Pensionskasse, Pensionsfonds oder Direktversicherung) durchführt, für die Erfüllung der von ihm zugesagten Versorgungsleistungen.
Gemäß § 1 Abs. 1 BetrAVG ist demnach betriebsrentenrechtlich zu unterscheiden zwischen
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der Versorgungszusage (S. 1), |
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der Bestimmung des internen oder externen Durchführungsweges (S. 2) und |
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dem aus der Einstandspflicht (S. 3) folgenden Verschaffungsanspruch als Erfüllungsanspruch. |
Daraus folgt, dass der Arbeitgeber die Versorgungsleistungen oder zumindest gleichwertige Leistungen ggf. selbst erbringen muss, wenn der externe Versorgungsträger die betriebsrentenrechtlichen Ansprüche des Arbeitgebers nicht oder nicht vollständig erfüllt (BAG v. 22.12.2009 – 3 AZR 136/08, DB 2010, 1074; BAG v. 12.6.2007 – 3 AZR 186/06, BAGE 123, 82 = DB 2008, 2034). Letztendlich haftet damit der Arbeitgeber für die Solvenz des Versorgungsträgers, aber auch z.B. dann, wenn der Versorgungsberechtigte aufgrund von Satzungsbestimmungen des Versorgungsträgers bei diesem nicht (nach)versichert werden kann (BAG v. 22.12.2009 – 3 AZR 136/08, DB 2010, 1074; BAG v. 13.11.2007 – 3 AZR 191/06, BAGE 125, 1 = DB 2008, 1506).
Rz. 68
Dabei handelt es sich im Wesentlichen um die gesetzliche Verankerung des bereits in der BAG-Rspr. aufgestellten Grundsatzes der arbeitsrechtlichen Durchgriffshaftung des Arbeitgebers bei Unterstützungskassen (vgl. hierzu BAG v. 17.5.1973 – 3 AZR 381/72, NJW 1973, 1946; BAG v. 28.4.1977, BB 1977, 1202 = DB 1977, 1656; BAG v. 28.11.1989, NZA 1990, 557) und der generellen Erfüllungspflicht des Arbeitgebers bei mittelbaren Versorgungszusagen (vgl. u.a. BAG v. 28.7.1992 – 3 AZR 173/92, NZA 1993, 215; BAG v. 7.3.1995, BB 1995, 2217 = DB 1995, 2020). Damit erhält insb. der "Quasi-Rechtsanspruch" im Rahmen von Unterstützungskassen, die ja auf ihre Leistungen nach dem Gesetzeswortlaut keinen Rechtsanspruch gewähren dürfen, eine neue, verbesserte Qualität.
Diese Einstandspflicht steht auch nicht zur Disposition des Arbeitgebers und kann daher – wie sich aus § 17 Abs. 3 S. 3 BetrAVG ergibt – nicht zulasten des Versorgungsberechtigten vertraglich ausgeschlossen werden. Auch eine dynamische Verweisung auf Satzung und/oder Leistungsbestimmungen eines externen Versorgungsträgers kann deshalb ein akzessorisches Recht des Arbeitgebers zur Kürzung laufender Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nicht begründen (BAG v. 19.6.2012 – 3 AZR 408/10, BetrAV 2012, 710).
Die Einstandspflicht des Arbeitgebers realisiert sich allerdings erst beim Eintritt eines Versorgungsfalls und kann deshalb keine Pflicht des Arbeitgebers begründen, seine Beiträge an einen externen Versorgungsträger, über den die Versorgung mittelbar durchgeführt wird, zu erhöhen, um eine Unterdeckung in der Finanzierung, die z.B. durch Leistungskürzungen des Versorgungsträgers auftreten kann, auszugleichen (BAG v. 12.5.2020 – 3 AZR 157/19, BetrAV 2020, 435 = NZA 2020, 1189; Langohr-Plato, jurisPR-ArbR 30/2020 Anm. 5). Der arbeitsrechtliche Erfüllungsanspruch führt somit nur bei Betriebsrentnern zu einer sofortigen Haftung des Arbeitgebers. Versorgungsanwärter können dagegen erst bei Eintritt eines Versorgungsfalls gegen den Arbeitgeber als Versorgungsschuldner vorgehen.