Rz. 199

Die Fluggastrechte-VO legt innerhalb der EU Mindestrechte von Fluggästen fest, ohne dass dies aus dem nationalen Recht erwachsende weitere Ansprüche gegen die Fluggesellschaft ausschließt.[211] Auch Ansprüche aus dem Pauschalreiserecht gegen den Reiseveranstalter einer Flugpauschalreise sind nicht durch die Fluggastrechte-VO ausgeschlossen; indes ist eine doppelte Inanspruchnahme ausgeschlossen, § 651p Abs. 3 S. 1 BGB, Art. 2 Abs. 1 Fluggastrechte-VO.

1. Anspruchsgegner

 

Rz. 200

Die Verordnung sieht nur Ansprüche gegen das ausführende Luftfahrtunternehmen (Art. 2 lit. b Fluggastrechte-VO) vor. Ausführendes Luftfahrtunternehmen ist die Fluggesellschaft, die den Flugbeförderungsvertrag mit dem Fluggast geschlossen hat. Hierbei ist es gleichgültig, ob dies mit eigenen Maschinen oder anders beschafften Maschinen (Miete, Wet-Lease, Subcharter) geschieht.[212] Anders ist es bei einem sog. Code-Share-Flug (eine Fluggesellschaft vertreibt Flüge, die durch eine andere Gesellschaft ausgeführt werden, wie etwa bei Star Alliance, wo Flüge z.B. von United durchgeführt werden, aber von Lufthansa unter einer eigenen Flugnummer bezeichnet werden); hier ist der tatsächlich den Flug Durchführende das vertragliche Luftfahrtunternehmen. Erkennbar ist das in der Regel durch den Zusatz "operated by …"[213] Dies gilt auch, wenn die Bezeichnung als Code-Share unterblieb.[214]

2. Anspruchsberechtigter

 

Rz. 201

Der Begriff "Fluggast" als derjenige, der nach Art. 1 Fluggastrechte-VO Nutznießer der Mindestrechte ist, ist in der Verordnung nicht definiert. Verstanden wird darunter die Person, die eine bestätigte Buchung (also einen Luftbeförderungsvertrag) abgeschlossen hat und durch Aushändigung/Erstellung einer Bordkarte als Fluggast angenommen ist.[215] Hierzu zählen auch Fluggäste, die den Flug als Teil einer Pauschalreise wahrnehmen; das ausführende Luftfahrtunternehmen ist, auch wenn der Transport Gegenstand einer Reiseleistung aus dem Pauschalreisevertrag ist, insoweit Anspruchsgegner.[216] Auch im Rahmen von Buchungen, die durch den Arbeitgeber oder ein Unternehmen für einen Mitarbeiter oder anderweitig für das Unternehmen getätigt werden, ist der Fluggast aktivlegitimiert, unabhängig davon, wer den Flug bezahlt hat.[217] Aktivlegitimiert sind auch Fluggäste, die den Flug als Einlösung von Meilen, Punkten o.Ä. in Anspruch nehmen (Art. 3 Abs. 3 Fluggastrechte-VO), nicht aber kostenlos reisende Kleinkinder, auch wenn diese im Rahmen einer Pauschalreise eine 100 %ige Kinderermäßigung in Anspruch nehmen können.[218]

[215] BeckOK Fluggastrechte-VO/Schmid, Art. 3 Rn 1.
[217] Tonner/Bergmann/Blankenburg/Blankenburg, § 4 Rn 22.

3. Erfasste Flüge

 

Rz. 202

Immer anwendbar ist die Fluggastrechte-VO

auf Flüge, die in der EU beginnen, unabhängig davon, ob das Luftfahrtunternehmen seinen Sitz in der EU hat oder nicht, sowie
auf Flüge von Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft (also Unternehmen mit Sitz in der EU) in die EU.

Bei Point-to-Point-Flügen ist dies einfach: Ein Flug mit einem amerikanischen Luftfahrtunternehmen von Frankfurt nach New York unterliegt der Fluggastrechte-VO, ebenso ein Flug mit einem EU-Luftfahrtunternehmen von New York nach Frankfurt.

Was aber ist mit dem Anschlussflug von New York nach Miami? Was ist, wenn der Rückflug von New York nach Frankfurt mit einem amerikanischen Luftfahrtunternehmen durchgeführt wird? Eine Vielzahl von Konstellationen ist denkbar, die im Wesentlichen wie folgt aufgelöst werden:

 

Rz. 203

Hin- und Rückflug sind nicht als einheitlicher Flug zu verstehen, sondern als zwei getrennte Flüge im Sinne der Fluggastrechte-VO.[219] Während also der Flug mit einer amerikanischen Fluggesellschaft von Frankfurt nach New York von der Verordnung erfasst ist, gilt dies nicht für den Rückflug, auch wenn beide Flüge in einem Vorgang gebucht wurden.

Bei Anschlussflügen (wie etwa Hamburg – München – New York oder Frankfurt – Dubai – Sydney) ist derzeit davon auszugehen, dass es auf jede Teilstrecke ankommt.[220]

Wenn also auf der ersten Teilstrecke eine geringe Verspätung entstand, die das Erreichen des Anschlussflugs unmöglich macht, stehen dem Fluggast keine Ausgleichsansprüche zu.[221] Allerdings soll bei einer einheitlichen Buchung, wenn in einer Gesamtbuchung mehrere direkte Anschlussflüge zusammengefasst werden, von einem einheitlichen Flug ausgegangen werden, der dann insgesamt der Fluggastrechte-VO unterfällt.[222] Es bleibt hier nichts anderes, als bei der Beratung des Mandanten nicht nur Flugrouten, sondern Umsteigezeiten, Wechsel des Fluggeräts, Flugnummern und alle anderen Umstände der Buchung zu prüfen.

4. Nichtbeförderung

 

Rz. 204

Nichtbeförderung bedeutet die Weigerung, den Fluggast zu befördern, obschon er sich rechtzeitig...

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