Rz. 217
Für Einzeltätigkeiten in Bußgeldsachen ist eine gesonderte Gebühr in Abschnitt 2 Teil 5 VV geregelt. Im Gegensatz zu den Strafsachen (Nrn. 4300 ff. VV) ist hier allerdings nur ein einziger Gebührentatbestand mit einem einzigen Gebührenrahmen vorgesehen.
Rz. 218
Anm. Abs. 1 zu Nr. 5200 VV stellt klar, dass der Anwalt die Verfahrensgebühr für eine Einzeltätigkeit nur dann erhält, wenn ihm nicht die Verteidigung übertragen worden war. Abgegolten werden also
▪ |
Tätigkeiten, für die ein Verteidiger die Gebühren nach Nrn. 5100 ff. VV erhalten würde, sowie |
▪ |
Einzeltätigkeiten, die gar nicht in den Anwendungsbereich der Nrn. 5100 ff. VV fallen, wie z.B. die Vollstreckung oder Gnadengesuche (Anm. Abs. 3 zu Nr. 5200 VV). Diese Gebühren kann auch der Verteidiger neben seinen sonstigen Gebühren verlangen. |
Rz. 219
Der Anwalt erhält die Verfahrensgebühr für jede Einzeltätigkeit gesondert. Insoweit handelt es sich jeweils um eigene Angelegenheiten i.S.d. § 15 RVG (Anm. Abs. 2 zu Nr. 5200 VV). Allerdings ist § 15 Abs. 6 RVG zu beachten. Der Anwalt kann bei mehreren Einzeltätigkeiten insgesamt nicht mehr erhalten, als er erhalten würde, wenn er zum Verteidiger bestellt worden wäre.
Rz. 220
Wird dem Anwalt, der mit Einzeltätigkeiten beauftragt ist, anschließend die Verteidigung übertragen, so ist die Verfahrensgebühr bzw. sind die Verfahrensgebühren für die Einzeltätigkeiten anzurechnen (Anm. Abs. 3 zu Nr. 5200 VV).
Rz. 221
Der Anwalt erhält für jede Einzeltätigkeit eine Verfahrensgebühr nach Nr. 5200 VV in Höhe von 22,00 EUR bis 121,00 EUR; die Mittelgebühr beträgt 71,50 EUR.
Rz. 222
Eine Grundgebühr entsteht nicht, da diese nur in Angelegenheiten nach Teil 5 Abschnitt 1 VV entsteht.
Beispiel 118: Ordnungswidrigkeitenanzeige
Der Anwalt ist beauftragt, eine Ordnungswidrigkeitenanzeige zu erstatten.
Obwohl noch kein Bußgeldverfahren eingeleitet ist, sondern die Anzeige erst das Verfahren einleiten soll, gilt Nr. 5200 VV.
1. |
Verfahrensgebühr, Nr. 5200 VV |
|
71,50 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
14,30 EUR |
|
Zwischensumme |
85,80 EUR |
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3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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16,30 EUR |
Gesamt |
|
102,10 EUR |
Rz. 223
Beispiel 119: Wahrnehmung eines Hauptverhandlungstermins
Der Anwalt ist beauftragt, einen Hauptverhandlungstermin wahrzunehmen, ohne dass ihm die Verteidigung übertragen ist.
Mangels Verteidigungsauftrag gelten die Nrn. 5100 ff. VV nicht. Der Anwalt erhält auch in diesem Fall nur die Gebühr nach Nr. 5200 VV, die allerdings jetzt mit der Höchstgebühr anzusetzen sein dürfte.
1. |
Verfahrensgebühr, Nr. 5200 VV |
|
121,00 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
141,00 EUR |
|
3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
26,79 EUR |
Gesamt |
|
167,79 EUR |
Rz. 224
Beispiel 120: Wahrnehmung mehrerer Zeugenvernehmungstermine
Das AG Köln lässt im Wege der Rechtshilfe vor dem AG München einen Zeugen vernehmen. Mit der Wahrnehmung dieses Termins wird ein Münchener Anwalt beauftragt. Später lässt das Gericht im Wege der Rechtshilfe vor dem AG München einen weiteren Zeugen vernehmen. Der Münchener Anwalt wird erneut beauftragt.
Mangels Verteidigungsauftrag gelten die Nrn. 5100 ff. VV nicht. Der Münchener Anwalt wird nach Nr. 5200 VV vergütet. Hier liegen allerdings zwei Angelegenheiten vor (Anm. Abs. 2 zu Nr. 5200 VV). Die Gebühr nach Nr. 5200 VV nebst Auslagen entsteht jetzt zweimal. Auszugehen sein dürfte von einer überdurchschnittlichen Gebühr. Die Begrenzung des § 15 Abs. 6 RVG wird nicht erreicht.
I. |
Vernehmung Zeuge A |
1. |
Verfahrensgebühr, Nr. 5200 VV |
|
110,00 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
130,00 EUR |
|
3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
24,70 EUR |
Gesamt |
|
154,70 EUR |
II. |
Vernehmung Zeuge B |
1. |
Verfahrensgebühr, Nr. 5200 VV |
|
110,00 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
130,00 EUR |
|
3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
24,70 EUR |
Gesamt |
|
154,70 EUR |
Rz. 225
Beispiel 121: Tätigkeit in der Vollstreckung
Der Anwalt wird im Rahmen der Vollstreckung des Bußgeldbescheids mit einem Ratenzahlungsantrag beauftragt.
Hier kommt es nicht darauf an, ob der Anwalt Verteidiger war oder nicht, da die Vollstreckung auch für den Verteidiger nicht mehr zur Gebührenangelegenheit gehört (Anm. Abs. 4 zu Nr. 5200 VV). Der Anwalt erhält daher auf jeden Fall für den Ratenzahlungsantrag eine Gebühr nach Nr. 5200 VV.
1. |
Verfahrensgebühr, Nr. 5200 VV |
|
71,50 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
14,30 EUR |
|
Zwischensumme |
85,80 EUR |
|
3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
16,30 EUR |
Gesamt |
|
102,10 EUR |
Rz. 226
Wird der Anwalt zunächst mit einer Einzeltätigkeit beauftragt und später mit der Verteidigung, so ist die Gebühr nach Nr. 5200 VV anzurechnen (Anm. Abs. 3 zu Nr. 5200 VV).
Beispiel 122: Wahrnehmung eines Zeugenvernehmungstermins und späterer Verteidigungsauftrag
Der Anwalt wird zunächst nur mit der Wahrnehmung eines auswärtigen Zeugenvernehmungstermins beauftragt. Später wird ihm dann der Auftrag zur Verteidigung erteilt (Höhe des Bußgeldes: 70,00 EUR). Es kommt zu ein...