Prof. Dr. Günther Schneider
Rz. 317
Diese Vorschrift regelt den Fall, dass der Schädiger trotz des Übergangs der Forderung Schadensersatz an den Geschädigten leistet. Die Regelung ist § 407 BGB nachgebildet. Die sich ergebenden Rechtsfolgen hängen davon ab, ob die Schadensersatzleistung an den Geschädigten gutgläubig erfolgte. Ist dies der Fall, muss der Sozialversicherungsträger die Schadensersatzleistung gegen sich gelten lassen, weil der Schädiger bzw. sein Haftpflichtversicherer mit befreiender Wirkung geleistet hat. Andernfalls kommt es zur Haftung nach Abs. 7 S. 1. Der Erstattungsanspruch (Herausgabeanspruch) ist vom Sozialversicherungsträger geltend zu machen.
Rz. 318
Bereits nach bisherigem Recht (§ 1542 RVO a.F.) bestand in diesem Fall ein Bereicherungsanspruch des Sozialversicherungsträgers gegen den Geschädigten (§ 816 BGB). § 116 Abs. 7 SGB X gibt im Anschluss hieran dem Sozialversicherungsträger einen eigenständigen, originären Erstattungsanspruch, der bereicherungsrechtlich den Kondiktionsregelungen nach den §§ 812 ff. BGB, namentlich § 816 BGB und in sozialrechtlicher Hinsicht dem § 50 SGB X nachgebildet ist. Dem Empfänger der Schadensersatzleistung ist es mithin – anders als bei § 818 Abs. 3 BGB – versagt, die Einrede der Entreicherung gegenüber dem Sozialversicherungsträger zu erheben.
Rz. 319
Umstritten ist der Rechtsweg, ob also die Geltendmachung im sozialgerichtlichen Verfahren zu erfolgen hat oder ob der Rechtsweg zu den Zivilgerichten eröffnet ist. Die Rechtsprechung der Sozialgerichte bejaht unter Anwendung des § 51 Abs. 1 Nr. 6a SGG den Rechtsweg zur Sozialgerichtsbarkeit. Mit Hinweis auf die Eigenständigkeit des Herausgabeanspruchs und darauf, dass dem Geschädigten die Bereicherungseinrede nach § 818 Abs. 3 BGB genommen werden sollte, hat das OLG Frankfurt/M. in einer älteren Entscheidung ebenfalls die Sozialgerichtsbarkeit als zuständig angesehen.
Rz. 320
Ob eine Streitigkeit öffentlich-rechtlicher oder bürgerlich-rechtlicher Natur ist, richtet sich bei Fehlen einer ausdrücklichen Rechtswegzuweisung nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird. Die Abgrenzung ist dabei von der Sache her zu treffen. Im Ausgangspunkt kommt es darauf an welcher Art das Klagebegehren nach dem zugrunde liegenden Sachverhalt ist. Von einem öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnis ist auszugehen, wenn ein Träger öffentlicher Gewalt aufgrund eines ihm eingeräumten oder auferlegten Sonderrechts handelt. Dem zugrunde liegenden Sachverhalt und seiner Natur nach entstammt der Erstattungsanspruch nach § 116 Abs. 7 S. 1 SGB X der zivilrechtlichen Regelung nach § 816 BGB. Sieht man, dass es um die Abwicklung eines zivilrechtlichen Bereicherungsanspruchs besonderer Art geht, gelangt man folgerichtig zur Zuständigkeit der Zivilgerichte. Soweit das Bundessozialgericht anführt, die "Annahme einer hoheitlichen Eingriffsermächtigung des Sozialhilfeträgers zur Geltendmachung des Erstattungsanspruchs nach § 116 Abs. 7 SGB X gegenüber dem Geschädigten (sogar) durch Verwaltungsakt" füge sich in den normativen Kontext ein und entspreche Sinn und Zweck der Norm, ist dies angesichts der historischen Anlehnung an § 816 BGB argumentativ ebenso untauglich wie der weitere Hinweis, der Wortlaut "erstatten" spreche für eine Zuordnung des Anspruchs aus § 116 Abs. 7 SGB X zum öffentlichen Recht.
Rz. 321
Gerade nach Zweckmäßigkeitserwägungen ist auf die gesamtschuldnerische Haftung von Schädiger und Geschädigtem gegenüber dem Sozialversicherungsträger bzw. dem Sozialhilfeträger hinzuweisen. Diese Haftungskonstellation entstammt letztlich der zivilrechtlichen Ausgangslage. Der Forderungsübergang nach § 116 Abs. 1 S. 1 SGB X lässt wie dargelegt den zugrunde liegenden Ersatzanspruch in seiner rechtlichen Natur unberührt.
Rz. 322
Abs. 7 ist nicht anzuwenden, wenn der Geschädigte den Ersatzanspruch als Berechtigter vereinnahmt hat (Schädiger leistet vor Anspruchsübergang, der Forderungsübergang wird im Ausland nicht anerkannt; dann Vertrauensschutz des Geschädigten im Sinne des § 45 Abs. 2 SGB X).
Rz. 323
Soweit in Abs. 7 S. 1 im ersten Halbsatz davon die Rede ist, dass der Geschädigte vom zum Schadensersatz Verpflichteten "Leistungen erhalten" hat, ist darunter "Ersatz des Schadens erhalten" zu verstehen. Soweit im zweiten Halbsatz nachfolgend die Formulierung "die erbrachten Leistungen" verwendet wird, handelt es sich um den vom Schädiger zu Unrecht "erhaltenen Ersatz des Schadens", der nunmehr an den berechtigten Leistungsträger "herauszugeben" ist, soweit dieser kongruente Sozialleistungen gewährt hat.
Rz. 324
Treten bei der Durchsetzung des Erstattungsanspruchs (Herausgabeanspruch) nach Abs. 7 S. 1 Hindernisse auf, so kann der Sozialversicherungsträger unter den Voraussetzungen des § 51 SGB I aufrechnen oder einen anderen leistenden Sozialversicherungsträger mit der Verrechnung beauftragen (§ 52 SGB I).
Rz. 325
Die Fälle, in denen der Schädiger gutgläubig an den Geschädigten mit befreiender Wirkung Scha...